Nach EMA-Entscheidung: Deutschland impft wieder mit AstraZeneca

EMA hält an Zulassung von COVID-19-Impfstoff AstraZeneca fest, obwohl ein kausaler Zusammenhang mit dem Auftreten von Hirnvenenthrombose nicht ausgeschlossen werden kann – Foto: © Adobe Stock/ Tobias Arhelger
Nein, einen kausalen Zusammenhang zwischen den zum Teil tödlich verlaufenen Hirnvenenthrombosen und dem COVID-19-Impfstoff AstraZeneca will auch die EMA nicht ausschließen. Dennoch hält die Europäische Arzneimittelagentur an dem Vakzin fest. Die Vorteile des Impfstoffs würden bei weitem das Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen überwiegen, teilte der EMA-Sicherheitsausschuss PRAC am Donnerstagnachmittag auf einer Pressekonferenz in Amsterdam mit. Das Risiko eine Thrombose zu erleiden, sei durch die Impfung nicht erhöht, hieß es weiter. Die insgesamt 25 gemeldeten Fälle von Hirnvenenthrombosen mit oder ohne Blutung seien in Anbetracht der 20 Millionen verabreichten Impfungen ein sehr seltenes Ereignis. „Ein kausaler Zusammenhang zur Impfung ist noch nicht bewiesen, aber möglich und wird weiter überprüft“, so die PRAC. Der Beipackzettel soll nun einen entsprechenden Sicherheitshinweis enthalten. Einschränkungen, etwa Frauen von der Impfung auszuschließen, die die Pille einnehmen, empfahl die EMA nicht.
Deutschland folgt EMA-Empfehlung
Das Bundesgesundheitsministerium ist nach Beratungen mit dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) den Empfehlungen der EMA gefolgt und hat den COVID-19-Impfstoff AstraZeneca wieder freigegeben. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn trat am Donnerstagabend gemeinsam mit PEI-Präsident Klaus Cichutek vor die Presse und sprach von einer „Guten Nachricht.“ Die Impfungen mit dem Präparat sollten noch im Laufe des Freitags wieder aufgenommen werden, erklärte der CDU-Politiker. Nun gehe es darum, die vier Tage Impfstoff wieder aufzuholen. Dennoch sei es richtig gewesen, die Impfung auszusetzen, rechtfertigte sich Spahn „bis auffällige Häufung der Fälle dieser sehr seltenen Thombosenart analysiert worden ist.“ Die Impfwilligen sollen nun aktualisierte Aufklärungsbögen erhalten, in denen sie über die Risiken informiert werden.
Neun Todesfälle nach Impfung
In sieben Fällen hatten Personen nach der Impfung mit AstraZeneca Thromben in mehreren Blutgefäßen des Gehirns erlitten (disseminated intravascular coagulation DIC). In weiteren 18 Fällen lag zusätzlich zu einem Blutgerinnsel eine Thrombozytopenie vor, eine Reduzierung der Blutplättchen, so dass es zu Hirnblutungen kam. Das Krankheitsbild wird CVST genannt. Insgesamt neun Menschen sind an einer der beiden Komplikationen verstorben. Die überwiegende Mehrzahl der Betroffenen waren Frauen unter 55 Jahren. Zumindest war das die Datenlage bis zum 16. März. PEI-Präsident Klaus Cichutek deutete indes an, dass seinem Institut zwischenzeitlich noch weitere Fälle gemeldet worden seien, „die nun genau analysiert werden.“
Was hat die EMA eigentlich überprüft? Der Sicherheitsausschuss PRAC hatte sich die Daten einschließlich Obduktionsberichte der Patienten genau angeschaut und statistische Berechnungen durchgeführt. Demnach waren bis zum Stichtag 16. März in der geimpften Bevölkerung unter 50 Jahren rein rechnerisch weniger als ein Fall von DIC zu erwarten gewesen. Gemeldet wurden dagegen 5 Fälle (nach der Impfung mit AstraZeneca). Bei der Kombination aus Blutgerinnsel und Hirnblutung CVST stehen 135 statistisch erwartbaren Fällen in dieser Altersgruppe 12 gemeldete Fälle gegenüber. In höheren Altersgruppen hat es laut EMA keine vergleichbaren Auffälligkeiten gegeben.
Die EMA kommt deshalb zu dem Schluss, dass das Risiko, schwer an COVID-19 zu erkranken oder zu sterben, sehr viel wahrscheinlicher ist, als eine extrem seltene Hirnvenenthrombose mit oder ohne Blutung zu erleiden. Patienten sollten aber wachsam bleiben und bei Anzeichen auf ein Blutgerinnsel sofort einen Arzt aufsuchen und das medizinische Personal über die Impfung informieren. Klaus Cichutek erklärte, die Erkrankung sei medikamentös behandelbar. Warnzeichen sollten ernst genommen werden.