Musik fördert Hirnentwicklung von Frühchen

Musik ist gut für die Hirnentwicklung, speziell für Frühgeborene wurde das jetzt gezeigt – Foto: ©Prostock-studio - stock.adobe.com
Wenn Kinder lange vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt kommen, ist das Gehirn noch nicht ganz ausgereift. Dadurch kann es zu bleibenden neurologische Schäden wie kognitive und psychische Beeinträchtigungen, Verhaltensauffälligkeiten oder Bewegungsstörungen kommen. Eine weitere Belastung für die Frühchen ist, dass sie auf der Neugeborenen-Intensivstation einem gewissen Stress ausgesetzt sind, ohne den vertrauten Herzschlag und die Wärme der Mutter zu spüren.
Könnte vielleicht Musik den Kleinen einen besseren Start ins Leben ermöglichen? Aus vielen Studien ist bekannt, dass Musik neurobiologische Prozesse, neurologisches Lernen und die Aktivität und Bildung der Synapsen unterstützt.
Wiegenlieder wirken beruhigend
Spezielle Untersuchungen mit frühgeborenen Kindern zeigten außerdem, dass eine kreative Musiktherapie einen positiven Einfluss auf Störungen und damit Schädigungen in der Gehirnentwicklung hat. Dabei nehmen speziell ausgebildete Therapeutinnen das Atemmuster und physische Anzeichen etwa von Schmerz oder Unruhe der Kinder auf und unterstützen die Kinder durch Singen und Summen im Wiegenliederstil dabei, sich selber zu regulieren. Auch die Eltern können in die Therapie einbezogen werden.
Bildgebung bestätigt positiven Einfluss von Musik auf das Gehirn
Nun bestätigt eine aktuelle Studie aus der Schweiz den positiven Effekt einer Musiktherapie auf die Hirnentwicklung bei Frühgeborenen. Erstmals mit einem bildgebendes Verfahren. 82 Frühchen wurden in die Studie am Universitätsspital Zürich aufgenommen und mit einer Diffusionsgewichteten Magnetresonanztomografie (DTI) untersucht. Das schonende Verfahren wurde während des Schlafs durchgeführt und erlaubt Rückschlüsse auf den Verlauf der großen Nervenfaserbündel im Gehirn.
Die Hälfte der Kinder erhielt zusätzlich zur üblichen Therapie zwei- bis dreimal pro Woche eine 20-minütige Musiktherapie, die von der Musikwissenschaftlerin Friederike Haslbeck speziell für Frühgeborene entwickelt wurde.
„Gehen von schützenden Effekten aus“
Die DTI-Aufnahmen zeigten, dass die grundlegenden Strukturen des Gehirns durch die Musik nicht beeinflusst wurden. Dennoch hatte die Musiktherapie einen messbaren Effekt. «Bei den Kindern mit Musiktherapie stellten wir eine signifikant geringere Verzögerung in den Funktionsprozessen zwischen Thalamus und Hirnrinde fest, stärkere funktionale Netzwerke und ein verbessertes Zusammenspiel verschiedener Hirnregionen, unter anderem in den für die Motorik und Sprache relevanten Bereichen“, fasst Friederike Haslbeck die zentralen Ergebnisse der Studie zusammen. «Damit konnten wir zum ersten Mal auch mit Bildgebung einen positiven und damit schützenden Effekt der Musiktherapie auf die Hirnentwicklung nachweisen.»
Die Studie zeigt allerdings nicht, inwieweit die Musiktherapie die weitere Entwicklung der Frühchen beeinflusst, ob Folgeschäden tatsächlich seltener auftreten. Diese wichtige Frage will die Musikwissenschaftlerin nun in einer großangelegten Folgestudie in mehreren Neonatologien der Schweiz untersuchen.
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