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Multiresistenter Escherichia coli-Stamm breitet sich rasant aus

Samstag, 4. November 2017 – Autor:
Krankenhausinfektionen werden immer häufiger durch Escherichia coli-Bakterien ausgelöst. Wissenschaftler haben jetzt einen Stamm entdeckt, der sich seit 2010 in Deutschland rasant ausbreitet. Das Bakterium ist gleich gegen mehrere Antibiotika resistent.
Von Null auf 45 Prozent: Ein multiresistentes E. coli-Bakterium bereitet Wissenschaftlern Kopfzerbrechen

Von Null auf 45 Prozent: Ein multiresistentes E. coli-Bakterium bereitet Wissenschaftlern Kopfzerbrechen – Foto: Alexander Raths - Fotolia

Escherichia coli kurz E. coli- Bakterien sind eigentlich im Darm zuhause. Gelangen sie in den Körper, können einige Vertreter schwere Infektionen auslösen, etwa zu Blasenentzündungen, Wundinfektionen oder sogar zu einer Sepsis führen. Wissenschaftler betrachten die Ausbreitung von E. coli mit Sorge. Die gramnegativen Bakterien sind nämlich zunehmend gegen Antibiotika resistent. Besonders in Krankenhäusern sind sie gefürchtet. Geschwächte Patienten haben den Keimen wenig entgegenzusetzen.

2010 plötzlich in Deutschland aufgetaucht

Wissenschaftler vom Deutschen Infektionszentrum fanden kürzlich einen Escherichia coli-Stamm, der sich seit 2010 in Deutschland rasant ausbreitet und gegen mehrere Antibiotika gleichzeitig unempfindlich ist. Es handelt sich um einen multiresistenten E. coli-Stamm vom Sequenztyp 131 (ST131), der das seltene ESBL-Gen blaCTX-M-27 trägt.

Diese E. coli-Subgruppe ist weltweit für Millionen von Infektionen verantwortlich, insbesondere für Blasenentzündungen und Sepis. Untersuchen von menschlichen Isolaten zeigten, dass die Verbreitung des gefährlichen Stamms in Deutschland zwischen 2009 und 2016 von 0 auf 45 Prozent gestiegen ist. Das heißt, heute gehört nahezu jedes zweite E. coli- Bakterium zur Familie des E. coli ST131 CTX-M27.

„Damit macht dieser E. coli-Stamm mit seinem spezifischen ESBL-Gen einem E. coliST131-Stamm Konkurrenz, der bisher in Deutschland am häufigsten nachgewiesen wurde und ein anderes ESBL-Gen trägt“, erklärt Dr. Can Imirzalioglu, Wissenschaftler der Uni Gießen. Die Ergebnisse zeigten, wie wichtig der Einsatz von modernen Verfahren wie der Genomsequenzierung sei, „um solche Entwicklungen zu beobachten und notfalls schnell reagieren zu können.“

Nur in menschlichen Proben gefunden

In der Studie werteten die Forscher übrigens auch Isolate von Tier, Umwelt und Lebensmitteln aus. Dort trat die neue E. coli Variante nicht auf. Warum sich der gefährliche Stamm bei Menschen so rasant ausbreitet, weiß man noch nicht. Hierfür seien weitere Studien nötig, meint Imirzalioglu.

E. coli gehören zu den Gram-negativen Enterobakterien und stehen auf der Dringlichkeitsliste der WHO.. Sie und andere Enterobakterien bilden Enzyme aus, die Antibiotika unwirksam machen können. Es handelt sich dabei um Beta-Laktamasen mit erweitertem Spektrum (ESBL). Neben MRSA sind gram negative Bakterien die häufigsten multiresistenten Keime in Krankenhäusern.

Foto: Alexander Raths - fotolia.com

Hauptkategorien: Gesundheitspolitik , Medizin
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