Mobiles Rhythmuspflaster kann Vorhofflimmern frühzeitig erkennen

Vorhofflimmern ist für die meisten Patienten gar nicht zu spüren - trotzdem kann es gefährlich sein. – Foto: Jenny Sturm
Ein mobiles Rhythmuspflaster erkennt Vorhofflimmern bei Risikopatienten zehn Mal häufiger, als es die herkömmliche Diagnostik kann. Das ist das Ergebnis einer transatlantischen Studie, an der Forscher aus Kanada und Deutschland beteiligt waren. „Das mobile Verfahren könnte sich damit zur Früherkennung von Vorhofflimmern eignen und so Schlaganfällen vorbeugen“, heißt es in einer Mitteilung des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Weltweit ist Schlaganfall die zweithäufigste Todesursache bei Erwachsenen und eine der Hauptursachen für Behinderungen und Demenz.
Vorhofflimmern: 300.000 Betroffene in Deutschland
Vorhofflimmern: Das sind Unregelmäßigkeiten im Pumprhythmus in den zwei kleinen Vorkammern des Herzes, in denen das Blut im Herz ankommt, um in die Lunge zur Auffrischung oder in den Körper zur Versorgung weitertransportiert zu werden. Beim Vorhofflimmern handelt es sich um die häufigste gravierende Herzrhythmusstörung. Rund 300.000 Menschen in Deutschland sind Schätzung zufolge davon betroffen. Die Wissenschaft geht davon aus, dass mehr als zwei Drittel der Betroffenen die Vorhofflimmer-Attacken nicht bemerken. Sie erleben sie in Form von unspezifischen Beschwerden wie plötzlichem Leistungsabfall, Müdigkeit oder Schlafstörungen. Patienten, die sie spüren können, berichten meist von Herzrasen.
Unregelmäßiger Herzschlag: Blut kann verklumpen
Das Problematische an Vorhofflimmern besteht darin, dass es mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle und Herzinsuffizienz einhergeht und sich die Sterblichkeit erhöht. Durch den unregelmäßigen Herzschlag kann das Blut in den Vorhöfen verklumpen. Gelangen solche Gerinnsel ins Gehirn und verschließen Gefäße, entsteht ein Schlaganfall. Je älter ein Mensch wird, umso häufiger ist Vorhofflimmern eine potenzielle Ursache für einen Schlaganfall. Bei 15 Prozent der Altersgruppe 80 plus ist Vorhofflimmern ein Thema.
Rhythmuspflaster zeichnet jeden Herzschlag auf
Häufig macht Vorhofflimmern keine Beschwerden und ist deshalb nur schwer zu erkennen. An dieser (Schwach-)Stelle hat ein deutsch-kanadisches Forscherteam angesetzt und an einer Lösung gearbeitet und dafür ein auf den Körper aufklebbares Rhythmuspflaster getestet, das jeden Herzschlag aufzeichnet und stummes Vorhofflimmern aufspüren kann. An der Studie nahmen 856 Personen aus 48 Hausarztpraxen im Zeitraum von 2015 bis 2019 teil. Die Teilnehmer waren 75 Jahre oder älter und hatten einen hohen Blutdruck, aber kein bekanntes Vorhofflimmern. Rund ein Drittel der Teilnehmer wurden in Deutschland über hausärztliche Kooperationspraxen der DZHK-Partnereinrichtungen Göttingen und Hamburg erreicht.
Die Hälfte der Teilnehmer erhielt das Rhythmuspflaster, das zweimal für jeweils zwei Wochen auf die Brust aufgeklebt wurde. Die andere Hälfte erhielt die medizinische Standardversorgung. In das Rhythmuspflaster ist eine EKG-Aufzeichnungseinheit integriert, die den Herzschlag für zwei Wochen durchgehend aufzeichnet. Das Pflaster wurde nach zwei Wochen abgenommen und zur Auswertung eingeschickt. Alle Teilnehmer wurden sechs Monate lang beobachtet.
Blutverdünner können vor Schlaganfällen schützen
Die Studie ergab, dass das Rhythmuspflaster von den Teilnehmern gut vertragen und Vorhofflimmern zehn Mal häufiger erkannt wurde. In der Rhythmuspflastergruppe wurde bei 23 Teilnehmern Vorhofflimmern festgestellt, in der Kontrollgruppe nur bei zweien. „Die Vorhofflimmerepisoden, die wir gefunden haben, waren meist mehrere Stunden lang“, sagt Ko-Studienleiter Rolf Wachter vom Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen. Von den Vorhofflimmerpatienten erhielten 75 Prozent ein blutverdünnendes Medikament zum Schutz vor Schlaganfällen. Blutverdünner gelten bei Vorhofflimmerpatienten als sehr effektive Medikamente und können das Schlaganfallrisiko um fast 70 Prozent senken. Die Deutsche Herzstiftung empfiehlt Patienten mit Vorhofflimmern, sich regelmäßig sportlich zu betätigen. Ein gut dosiertes Ausdauertraining könne vor unangenehmen Anfällen schützen und das Herz stärken.