Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
 

Mehr kindliche Ketoazidosen in der Corona-Zeit

Donnerstag, 5. November 2020 – Autor:
In der Corona-Zeit hat sich die Zahl kindlicher Ketoazidosen in Deutschland verdoppelt. Das ist umso besorgniserregender, als die diabetische Ketoazidose im Kleinkindalter sich negativ auf die auf Hirnentwicklung auswirkt.
Krankes Kind, Kind im Krankenhaus, Transfusion

Eine diabetische Ketoazidose kann einen Krankenhausaufenthalt nötig machen – Foto: ©Siam - stock.adobe.com

Die Ketoazidose ist eine schwerwiegende Stoffwechselentgleisung, die durch Insulin-Mangel hervorgerufen wird - und bei Diabetikern auftreten kann. Sie kann negative Folgen für das kindliche Gehirn haben, wie eine amerikanische Forschergruppe im Fachmagazin Diabetes Care zeigte.

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) wies aus besonderem Anlass noch einmal auf die Notwendigkeit hin, Kinder mit Typ-1-Diabetes frühzeitig zu diagnostizieren: In der Corona-Zeit hat sich die Zahl kindlicher Ketoazidosen in Deutschland sogar noch verdoppelt.

Zusammenhang mit kognitiven Leistungen

Das US-Forscherteam um Tandy Aye von der Stanford University hatte Daten von 144 Kindern mit Typ-1-Diabetes im Alter von vier bis zehn Jahren untersucht. Von diesen Kindern haben die Forscher zu Studienbeginn und nach 18 Monaten einen Hirnscan und kognitive Tests gemacht und die Ergebnisse verglichen. Dabei zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der Schwere der Ketoazidose, dem Gehirnwachstum und den kognitiven Leistungen. 

"Diese Erkenntnis ist alarmierend. Denn mehr als jedes fünfte Kind kommt bei Diabetesmanifestation mit einer Ketoazidose ins Krankenhaus, in rund sechs Prozent der Fälle liegt bereits eine schwere Ketoazidose vor", fasst DDG-Vizepräsident Prof. Andreas Neu die Ergebnisse zusammen.

 

Symptome der Ketoazidose erkennen

"Um eine diabetische Ketoazidose zu vermeiden, müssen Eltern die ersten Symptome erkennen können. Auch hier brauchen wir mehr Aufklärung", ergänzt Dr. Thomas Kapellen, Vorsitzender der AG Pädiatrische Diabetologie der DDG aus Leipzig.

Neben vermehrtem Durst, starkem Harndrang, Gewichtsabnahme, Übelkeit und Erbrechen gehören auch eine beschleunigte Atmung sowie Azetongeruch der Atemluft zu den ersten Anzeichen einer Ketoazidose. Da es im weiteren Verlauf zu Muskelschwäche, Bewusstseinsstörungen oder einem diabetischen Koma kommen kann, gehören betroffene Kinder sofort in eine notärztliche Betreuung.

Mehr kindliche Ketoazidosen in der Corona-Zeit

Während des ersten Corona-Lockdowns in Deutschland hat sich die Rate einer Ketoazidose bei Diabetesmanifestation von Kindern und Jugendlichen verdoppelt hat. Das zeigt eine aktuelle Studie in der Fachzeitschrift JAMA. "In dieser Zeit bekam fast jedes zweite Kind eine verspätete Diagnose", resümiert Prof. Reinhard Holl, Mitautor der Studie. Kleinkinder waren besonders betroffen.

Neben Fehlinterpretationen der Symptomatik durch Eltern oder Ärzte lasse sich dies auch auf die Angst vor der Ansteckung mit COVID-19 in Arztpraxen und Kliniken zurückführen. Der DDG-Experte aus Ulm warnt davor, dass eine weitere Welle zu einer ähnlichen Situation führt und fordert Eltern und alle, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, dazu auf, erste Warnsignale ernst zu nehmen und gegebenenfalls umgehend einen Kinderarzt oder eine Kinderklinik aufzusuchen.

Foto: Adobe Stock/Siam

Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Diabetes-Diagnose , Kinder
 

Weitere Nachrichten zum Thema Kinder und Diabetes

20.09.2019

Wenn Kinder unter Diabetes leiden, handelt es sich in der Regel um einen Diabetes Typ 1, obwohl auch der Typ 2 immer häufiger auftritt. Ein großes Problem ist, dass die ersten Symptome eines Diabetes Typ 1 oft nicht erkannt werden. Diabetologen fordern daher mehr Aufklärung bei den Eltern.

Mit „Sieben-Tages-Inzidenzen“ und „Reproduktionszahlen“ können Kinder wenig anfangen. Was sie im Corona-Alltag in der Schule, zu Hause oder in Medien hören oder sehen, kann ihnen schnell Angst einjagen. Die Universität Witten/Herdecke hat ein interaktives Comic zum Gratis-Downloaden entwickelt, das die Corona-Situation für Kinder verständlich erklärt – von den „AHA-Regeln“ über „Fake News“ bis hin zur „zweiten Welle“.

 

Aktuelle Nachrichten

 
Weitere Nachrichten
Die elektronische Patientenakte (ePA) soll bis Ende 2024 kommen - für alle. Die Daten werden pseudonymisiert ausgewertet. Das ist Teil eines von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgestellten Gesetzes. Die Ärzteschaft fordert Konkretisierungen im Detail.

Die Zahl der Krankenhaus-Fälle ist 2022 im Vergleich zu 2019 um 15 Prozent gesunken - noch stärker als 2020 (minus 13 Prozent) und 2021 (minus 14 Prozent). Das zeigt eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).

Der Berliner Corona-Lagebericht informiert weiterhin über die aktuelle Infektionslage in der Stadt und ihren Bezirken. Doch weil sich die Lage geändert hat, hat der Berliner Senat den Bericht nun überarbeitet und den aktuellen Entwicklungen angepasst.
 
Interviews
Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.

Aducanumab ist das erste in den USA zugelassene Medikament, das die Alzheimer typischen Amyloid-Plaques zum Verschwinden bringt. Aber kann der neue monoklonale Antikörper mit dem Handelsnamen Aduhelm auch den Gedächtnisverlust stoppen? Und warum ist die Notfallzulassung in den USA durch die US-Food and Drug Administration (FDA) so umstritten? Darüber hat Gesundheitsstadt Berlin mit dem Neurologen und Alzheimer-Experten Prof. Johannes Levin vom LMU Klinikum München gesprochen.
Logo Gesundheitsstadt Berlin