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Mandelentzündung: Wann ist eine OP sinnvoll?

Freitag, 4. Dezember 2015 – Autor:
Kinder und Jugendliche erleiden häufiger eine Mandelentzündung als Erwachsene. Bei wiederkehrenden Mandelentzündungen raten einige Ärzte, die Gaumenmandeln mit einer OP zu entfernen. Doch wann ist das sinnvoll?
Eine Mandelentzündung wird meist durch Bakterien ausgelöst

Mandelentzündungen treten bei Kindern häufiger auf – Foto: Dan Race - Fotolia

Die Mandelentzündung  (Tonsillitis oder Angina Tonsillaris) ist an einigen Symptomen von einer einfachen Halsentzündung zu unterscheiden. Die Gaumenmandeln sind gerötet und geschwollen und können mit eitrigen Stippen übersät sein.

Die Halsschmerzen sind stärker und können bis zu den Ohren ausstrahlen. Das Schlucken fällt schwerer, die Stimme klingt kloßig, die Lymphknoten am Hals sind geschwollen, dazu können Fieber, ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl sowie Mundgeruch auftreten. Kinder können an Bauchschmerzen und Erbrechen leiden.

Während die Hals- oder Rachenentzündung meist durch Viren hervorgerufen wird und sich oft zu einem grippalen Infekt mit Schupfen und Kopfschmerzen gesellt, wird die Mandelentzündung meist durch Bakterien (Streptokokken-A) ausgelöst. Ob diese Erreger vorhanden sind, kann der Arzt mit einem Abstrich feststellen.

Mandelentzündung: Immer mit Antibiotika behandeln?

Es kann sein, dass er dann ein Antibiotikum verschreibt, bei Kindern eher als bei Erwachsenen. Eine leichte Streptokokken-Angina kann bei einer stabilen Immunabwehr und wenn es keine weiteren Erkrankungen gibt, grundsätzlich auch von allein, das heißt ohne den Einsatz von Antibiotika, ausheilen.

Die Ärzte sind mit dem Verordnen von Antibiotika vorsichtiger geworden. Denn durch den häufigen Einsatz in den zurückliegenden Jahrzehnten haben sich resistente Erreger herausgebildet, die auf einige Mittel nicht mehr reagieren. Das verlängert die Leidenszeit, die Beschwerden halten an, der Arzt muss ein anderes Präparat verschreiben. Die Einnahme von Antibiotika kann dabei Nebenwirkungen haben wie etwa Bauchschmerzen oder Übelkeit.

Unabhängig von der Antibiotika-Gabe können schmerzstillende und fiebersenkende Wirkstoffe wie Paracetamol oder Ibuprofen die Beschwerden lindern. Für die pflanzliche Mittel gibt es keine eindeutigen, wissenschaftlich basierten Empfehlungen. Einige Mediziner meine, diese könnten Heilungsverlauf und Symptome günstig beeinflussen.

Suppen und weiche, nicht zu stark gewürzte Speisen können in der akuten Phase für den Patienten angenehm sein, aber auch Eis oder kalte Getränke. Fruchtsäfte sind nicht zu empfehlen, die in ihnen enthaltene Säure reizt das Gewebe. Auf Rauchen sollte verzichtet werden. Nach ein bis zwei Wochen ist die Mandelentzündung in den meisten Fällen wieder ausgeheilt.

Mandelentzündung: OP bietet keinen Komplett-Schutz?

Bei häufiger auftretenden Mandelentzündungen kann es sein, dass der Arzt zu einer OP rät, entweder einer kompletten Entfernung der Gaumenmandeln (Tonsillektomie) oder einer Teilentfernung (Tonsillotomie). Die OP kann Nebenwirkungen haben wie Schmerzen oder in seltenen Fällen Nachblutungen.

Zugleich bietet die Operation keinen Komplett-Schutz: Auch wenn die Gaumenmandeln entfernt wurden, kann sich das angrenzende Gewebe entzünden. Darauf weist das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hin.

Kinder mit stärkeren Beschwerden haben laut Studien im ersten Jahr nach einer Mandeloperation im Schnitt eine Halsentzündung. Kinder, die nicht operiert werden, haben im selben Zeitraum durchschnittlich drei Halsentzündungen. Kinder mit leichteren Beschwerden haben im Jahr nach der OP im Durchschnitt zwei Halsentzündungen, bei ihnen hat der Eingriff also einen geringeren Effekt.

Von "stärkeren Beschwerden" spricht man laut IQWiG, wenn ein Kind in den letzten drei Jahren jeweils mindestens dreimal an einer eitrigen Mandelentzündung litt, und die Halsschmerzen begleitet wurden von Fieber über 38,3 Grad und einer Vergrößerung oder Verhärtung der Halslymphknoten.

Mandelentzündung:  Wann zur OP geraten wird

Bei vielen Kindern werden Mandelentzündungen mit den Jahren seltener oder treten gar nicht mehr auf. Allerdings lässt sich nicht vorhersagen, bei welchem Kind sich das Problem auswachsen wird. Laut der aktuellen Leitlinie der Fachgesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und der Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin ist die Mandel-OP dann eine therapeutische Option, wenn in 12 bis 18 Monaten mindestens sechs Mal eine eitrige Mandelentzündung mit Antibiotika therapiert wurde.

Der vom Wissenschaftlichen Institut (WIdO) der AOK mit herausgegebene Versorgungsreport 2015 zeigte aber, dass Kinder und Jugendliche auch ohne Auftreten von Entzündungen operiert wurden: Der Untersuchung zufolge hatten im letzten Jahr vor dem Operations-Quartal 35 Prozent der Tonsillektomie-Patienten nicht eine einzige Mandelentzündung mit Antibiotika-Behandlung.

64 Prozent der Operierten wurden maximal in zwei Quartalen eines Dreijahreszeitraums entsprechend antibiotisch therapiert. "Offensichtlich wurden in einem beachtlichen Teil der Fälle die Möglichkeiten der konservativen Therapie wenig oder überhaupt nicht genutzt", so WIdO-Geschäftsführer Jürgen Klauber in einer AOK-Mitteilung.

Mandel-OP: AOK-Versorgungsreport zeigt regionale Unterschiede

Außerdem wurde in einigen deutschen Regionen vier Mal  häufiger operiert als in anderen. Unklar ist, ob die einen unnötig oder die andern zu selten behandelt wurden. „Die Unterschiede zwischen den Regionen können nicht allein medizinische Gründe haben. Vielmehr sind sie ein deutliches Signal, die Indikationsstellung stärker zu hinterfragen", erklärte Klauber.

Foto:  Dan Race

Hauptkategorie: Medizin

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