Männer erkranken häufiger an Darmkrebs, aber warum?

Hohes Darmkrebsrisiko von Männern nur zu 50 Prozent durch Lebensstil erklärbar – Foto: © Adobe Stock/ Martina
In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 55.000 Menschen an Darmkrebs. Männer häufiger als Frauen, das ist weltweit so. In Deutschland liegt die altersstandardisierte Neuerkrankungsrate bei Männern bei 46 pro 100.000 pro Jahr, bei Frauen dagegen nur bei 28. Aber wie lassen sich diese Unterschiede erklären? Vielleicht weil Männer mehr Alkohol trinken, öfter rauchen, mehr rotes Fleisch essen und übergewichtiger sind als Frauen?
Studie mit 16.000 Teilnehmern
Forscher vom Deutschen Krebsforschungszentrum sind diesen Fragen in der KolosSal-Studie nachgegangen. Das Team um den Krebsforscher Prof. Hermann Brenner wertete dazu Daten von fast 16.000 Frauen und Männern aus, die eine Darmspiegelung zur Darmkrebs-Vorsorge durchführen ließen. Dabei wurden alle bekannten oder auch mutmaßlichen Risiko- und Schutzfaktoren für Darmkrebs erfasst: Alter, familiäre Vorgeschichte, Diabetes, frühere Koloskopie, Einnahme von Aspirin und Statinen, Rauchen, Alkoholkonsum, Gewicht und Körpergröße, körperliche Aktivität, Verzehr von rotem Fleisch und Wurst, Obst, Gemüse oder Vollkornprodukten sowie bei Frauen die Anwendung von Hormonersatz-Therapien. Die Ergebnisse wurden kürzlich im “International Journal of Cancer” veröffentlicht.
Bei Männern findet sich doppelt häufig ein pathologischer Befund
Zunächst einmal zeigte sich, dass bei Männern doppelt so häufig Darmkrebs bzw. fortgeschrittene Adenome gefunden wurden wie bei Frauen (altersstandardisiert). Rein rechnerisch machen die genannten Risikofaktoren etwa die Hälfte des Risiko-Überschusses der Männer aus. Bei Krebserkrankungen des Enddarms fällt der Einfluss dieser Faktoren noch etwas weniger ins Gewicht als bei Tumoren des übrigen Dickdarms. „Im Umkehrschluss heißt das aber, dass wir die Ursachen für die andere Hälfte dieses Risiko-Überschusses noch nicht kennen“, sagt Studienleiter Hermann Brenner.
Hormonelle Unterschiede unter Verdacht
Die Forscher vermuten, dass die unterschiedliche hormonelle Ausstattung von Männern und Frauen die Diskrepanz erklären könnte. Doch bislang ist das nur Spekulation. Künftige Forschung müsse etwa Daten zu Schwangerschaften, der Einnahme der Anti-Baby-Pille, zum Stillen, zum Beginn und Ende der Monatsblutungen stärker mit einbeziehen.
„Auf jeden Fall zeigen unsere Ergebnisse erneut, wie wichtig es insbesondere für Männer ist, die Möglichkeiten zur Darmkrebsvorsorge wahrzunehmen, Stuhltests durchzuführen oder sich sogleich für eine Vorsorge-Darmspiegelung zu entscheiden“, sagt Hermann Brenner.
Männer können neuerdings die Vorsorge-Koloskopie schon ab 50 Jahren wahrnehmen, Frauen haben einen Anspruch ab 55 Jahren.