Leopoldina empfiehlt drei Wochen Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung von Corona

Deutschland kurz vor der Ausgangssperre: Der Lustgarten vor dem Berliner Dom war am Samstag menschenleer – trotz Kaiserwetter
Am Samstag hat eine eigens für die Coronavirus-Pandemie einberufene Arbeitsgruppe an der Nationalakademie Leopoldina eine Ad-hoc-Stellungnahme vorgelegt. Das Papier enthält mögliche gesundheitspolitische Handlungsoptionen gegen die weitere Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland.
Danach wäre aus wissenschaftlicher Sicht ein temporärer Shutdown von drei Wochen empfehlenswert. Shutdown bedeutet, das öffentliche Leben weitgehend herunterzufahren.
Entscheidend seien dabei die konsequente Nutzung von Homeoffice sowie eine "disziplinierte räumliche Distanzierung von Personen von zwei Metern, insbesondere, wenn sie nicht in einem Haushalt wohnen“, heißt es in der Stellungnahme „Coronavirus-Pandemie in Deutschland: Herausforderungen und Interventionsmöglichkeiten.“
Spazieren gehen soll erlaubt sein
Notwendige und gesundheitserhaltende Aktivitäten müssten jedoch weiterhin möglich bleiben, betonen die Autoren, zu denen auch der Virologe Christian Drosten gehört. Dies würde zum Beispiel kein Arbeitsverbot, kein Einkaufsverbot von Lebensmitteln und auch keine Unterbindung von Spaziergängen im Familienkreis bedeuten. Im Prinzip sind diese Empfehlungen stark an die jetzt in Bayern verhängten Ausgangsbeschränkungen angelehnt.
Ausgangsbeschränkungen bis Ostern empfohlen
Aus Sicht der Leopoldina müssten die Ausgangsbeschränkungen "bundeseinheitlich stringent bis mindestens nach Ostern" durchgeführt werden. Dann wäre die Situation neu zu evaluieren. In der Zeit des „Shutdowns“ müssten Vorbereitungen für das kontrollierte und selektive Hochfahren des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft getroffen werden. Die Leopoldina werde diesen Prozess unterstützen und begleiten, heißt es , „im engen Austausch mit der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft.“
Die aktuell von der Bundesregierung und den Bundesländern ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung der aktuellen Coronavirus-Pandemie sind aus Sicht der Wissenschaftler „derzeit dringend erforderlich und entsprechen der durch die Pandemie ausgelösten Bedrohung.“
Aktuell stehen die Eindämmung der Epidemie, der Schutz der vulnerablen Bevölkerung sowie eine gezielten Kapazitätserhöhung im medizinischen Versorgungssystem im Vordergrund.
Impfstoff frühestens in neun Monaten
Weitere Empfehlungen der Leopoldina sind die Ausweitung der Testkapazitäten in Deutschland. Ferner habe die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen höchste Priorität.
Mit einem neuen Medikament wird in etwa sechs Monaten gerechnet, mit einem Impfstoff frühestens in neun Monaten. Bis dahin sei aber der in dem Papier vorgeschlagene Shutdown nicht durchzuhalten, betonen die Autoren. „Dabei ist zu bedenken, dass die weitgehende Stilllegung des öffentlichen Lebens aufgrund der zu erwartenden, mitunter gravierenden sozialen und ökonomischen Konsequenzen sowie der möglichen negativen physischen und psychischen Auswirkungen auf die Gesundheit nicht über einen so langen Zeitraum aufrechterhalten werden kann.“
Bei dem Papier handelt es sich um Empfehlungen, die nicht bindend sind. Letztlich muss die Politik über die Maßnahmen entscheiden.