Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Lauterbach: „Neue Mutanten könnten Corona-Impfschutz komplett durchbrechen”

Dienstag, 29. Juni 2021 – Autor:
Der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach (SPD) hat sich seit Beginn der Covid-19-Pandemie immer wieder als kritische und unpopuläre Stimme in die öffentliche Diskussion eingeschaltet. Trotz fallender Inzidenzwerte sei die Pandemie nicht gelaufen, warnt Lauterbach in einem Interview mit der „Apotheken Umschau“. Neue Mutanten könnten den Impfschutz komplett durchbrechen; eine Rückkehr zur Normalität sei erst 2021 zu erwarten.
Karl Lauterbach, Gesundheitspolitiker und Epidemiologe.

Karl Lauterbach, Politiker und Epidemiologe: Mit seinen unbequemen Positionen zur Covid-19-Pandemie hat er sich nicht immer Freunde gemacht – vielleicht, weil man die Wahrheit oft lieber nicht hören möchte. – Foto: Wort & Bild Verlag/Jonas Holthaus

Der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach gehört zu den Experten, denen im Zuge der Covid-19-Pandemie eine besondere Rolle in der öffentlichen Diskussion zugewachsen ist und die unbeabsichtigt zu einer Art medizinischen Talkshow-Stars avanciert sind. Das mag daran liegen, dass Lauterbach nicht nur Bundestagsabgeordneter ist, sondern auch Arzt und Epidemiologe – und einer derjenigen, die sich in den vergangenen anderthalb Jahren unermüdlich mit der Pandemie beschäftigt haben. Jetzt hat er sich ausführlich zur Lage und den Perspektiven geäußert – in einem ExpertInnen-Podcast des Kundenmagazins „Apotheken Umschau“.

Lauterbach und Corona: Der „Mahner" und „Erklärer"

Viele Medien haben Lauterbach im Konzert der kontroversen Positionen zu Virus und Pandemie eine ganz bestimmte Rolle zugeschrieben: die des „Corona-Mahners" und des „ewigen Erklärers". Schon früh war dem Politiker klar, dass es sich bei Sars-CoV-2 um ein Virus handelt, das sich auf der ganzen Welt verbreiten wird, erklärt Karl Lauterbach in der aktuellen Folge der Podcast-Serie „Klartext Corona“. Und er wagt darin auch einen Ausblick auf den kommenden Herbst.

„Es gab keine Immunität, keine Mittel, das Virus zu stoppen"

Bereits im Februar 2020 war sich Lauterbach sicher, dass wir es nicht mit einer Epidemie zu tun haben – sondern mit einer weltweiten Pandemie. „Es gab keine Immunität, keine Voraussetzungen, das Virus zu stoppen. Mir war sofort klar, dass sich dieses Virus weltweit verbreiten wird." Doch wie kam es dazu, dass der Politiker in den Medien stets als Mahner und Warner der Corona-Pandemie galt und gilt? „Ich habe nicht nur gemahnt, sondern auch Ratschläge gegeben, was man machen könne", sagt Lauterbach, der nicht einfach nur Fachpolitiker ist, sondern von Beruf Arzt und Gastprofessor an der renommierten Harvard-Universität in den USA. So habe er etwa schon früh darauf hingewiesen, dass Produktionskapazitäten für Impfstoffe aufgebaut werden müssten, und in vielen Fällen versucht, Hilfe zu geben, wie es funktionieren könnte.

Zweite Welle: „Ein paar Zehntausend unnötig gestorben"

Die Folge waren zum Teil Hass und Bedrohungen in einem Ausmaß, das Lauterbach überrascht hat. „Es gibt Menschen, die mich und meine Familie bedrohen, die sogar Morddrohungen artikulieren, meine Wohnung mit Steinen bewerfen". Das habe, so der Politiker, „ein gravierendes Ausmaß angenommen." Danach gefragt, was man in Sachen Pandemiebekämpfung aus heutiger Sicht hätte anders machen können, ist Lauterbach überzeugt: In der zweiten Welle hätte man konsequenter in den Lockdown gehen müssen. „Da sind uns ein paar Zehntausend Menschen unnötigerweise gestorben."

„Kinder durch Delta-Variante gefährdet“

Was Kinder und Jugendliche angeht, meint Lauterbach, man hätte die Schulen fast komplett offenlassen können, wäre man früher zu der Kombination aus Tests und Wechselunterricht übergegangen. Doch in den kommenden Herbst blickt er aufgrund der sich verbreiteten Delta-Variante eher besorgt: „Die Kinder sind in den Schulen gefährdet, denn die Delta-Variante ist auch für sie sehr ansteckend. Ich würde es begrüßen, wenn mehr Kinder geimpft würden. Ich glaube, dass die Delta-Variante Kinder mehr gefährdet als die Impfung." Der Experte ist sich sicher, dass viele Eltern das bald genauso sehen und ihre Kinder impfen lassen.

Normalität wahrscheinlich erst im kommenden Jahr

Was meint Karl Lauterbach, wann wir wieder zurück zur Normalität kehren werden? „Das dauert noch etwas", glaubt der SPD-Gesundheitsexperte und macht Hoffnung auf das nächste Jahr. Trotzdem ist er sich sicher: „Covid wird nie vergleichbar sein mit der Grippe." Vor allem für ältere Menschen bleibe das Virus gefährlicher.

„Neue Virus-Varianten könnten Impfschutz durchbrechen“

Und angesichts der immer rasanteren Ausbreitung immer infektiöserer Formen von Sars-CoV-2 wie der gerade aktuellen „Delta-Variante“ gibt Lauterbach zu bedenken: Zwar wirkten die seit einem guten Jahr in Windeseile entwickelten Impfstoffe auch und noch. Doch diese vermeintliche Sicherheit sei trügerisch: „Wir wissen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht, ob es nicht Varianten geben wird, die den Impfschutz komplett durchbrechen können.“

Hauptkategorie: Corona
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Infektionskrankheiten , Coronavirus , Impfen

Weitere Nachrichten zum Thema „Neuartiges Coronavirus“

Kinder oder Erwachsene? Menschen mit Symptomen oder ohne? Leute, die die britische Virusvariante in sich tragen? Ein Forschungsteam der Charité Berlin unter Leitung von Virologe Christian Drosten hat in 25.000 PCR-Proben die Menge des Coronavirus-Erbguts gemessen und daraus die potenzielle Ansteckungsgefahr für andere abgeleitet. Das Ergebnis: Eine Minderheit der Infizierten verursacht den größten Teil aller Übertragungen.

05.04.2021

Die klinische Prüfung vor der Zulassung attestierte mRNA-Impfstoffen, dass sie rund 95 Prozent der Geimpften im Fall einer Covid-19-Infektion vor schweren Krankheitsverläufen schützen können. Eine US-Studie geht jetzt noch weiter: Demnach schützt diese neue Generation von Impfstoffen auch zu 90 Prozent vor der Ansteckung selbst. Damit verbindet sich die Hoffnung, Infektionsketten zu durchbrechen.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin