Krebstherapien auch bei Schwangerschaft möglich
Bisher waren die meisten Ärzte skeptisch, wenn es um die Entscheidung ging, ob eine schwangere Krebskranke mit den üblichen Therapien behandelt werden sollte oder nicht. Nun wurden in den Fachzeitschriften "The Lancet" und "The Lancet Oncology" mehrere Studien veröffentlicht, die zeigen, dass die Nebenwirkungen von Krebstherapien für das Ungeborene meist so gering sind, dass sie nicht abgebrochen werden müssen. So zeigte eine belgische Studie, bei der die Kinder von Müttern, die eine Chemotherapie erhalten hatten, bis zum 18. Lebensjahr in regelmässigen Abständen untersucht worden waren, dass sie keine Einschränkungen ihrer Gesundheit oder ihrer geistigen Fähigkeiten aufwiesen. Bei der Überlegung, ob und welche Krebstherapien für Schwangere geeignet sind, sollten nach der Empfehlung der Forscher allerdings bestimmte Dinge beachtet werden. So sollte eine Chemotherapie nicht im ersten Drittel einer Schwangerschaft begonnen werden. Eine Strahlentherapie sollte hingegen nach zwei Dritteln der Schwangerschaft abgesetzt werden und der Fötus bis dahin mit Decken aus Blei gegen die Strahlen geschützt werden.
Schützt die Planzenta den Fötus vor der Chemotherapie?
Einige Studien besagen, dass auch die Art der Krebserkrankung bei der Entscheidung wichtig sein könne. So raten französische und amerikanische Forscher von einer Behandlung von Schwangeren bei Gebärmutterhals- oder Eierstockkrebs ab, und eine israelische Studie rät, bei Leukämie eine Schwangerschaft abzubrechen, wenn sie noch im Frühstadium ist. Dies sehen jedoch nicht alle Forscher so. So erklärt Frederic Amant, Wissenschaftler am Leuven Cancer Institute und einer der Autoren der belgischen Studie: "Viele Ärzte scheuen sich offenbar davor, krebskranke Schwangere zu behandeln, und raten zu einer Abtreibung. Aber die Behandlung unterscheidet sich kaum von der einer nicht schwangeren Person." Richard Theriault, Medizinprofessor am MD Andersen Cancer Centre in Texas, der ein Programm zur Behandlung schwangerer krebskranker Frauen leitet, vermutet, dass die Plazenta wie ein Filter wirkt und den Fötus beispielsweise vor den Auswirkungen der Chemotherapie schützt.
Krebstherapie und Schwangerschaft: Risiko
Eine absolute Garantie, dass die Therapien für das Ungeborene ungefährlich sind, können die Wissenschaftler nicht abgeben. Sie raten Ärzten und Patientinnen jedoch, die Entscheidung sorgfältig abzuwägen und die aktuellen Erkenntnisse in ihre Überlegungen mit einzubeziehen. Vor allem der häufig von Ärzten gegebene Rat, die Kinder möglichst früh zur Welt zu bringen, um sie vor den Auswirkungen der Chemotherapie zu schützen, scheint nicht unbedingt sinnvoll sein. Während die möglichen Schäden durch eine Therapie gering oder gar nicht vorhanden sind, ist erwiesen, dass eine Frühgeburt beim Kind zu Einschränkungen der allgemeinen Gesundheit und der kognitiven Leistungen führen kann.