Einer der tragischsten Fälle von Kohlenmonoxid-Vergiftung ereignete sich im Januar vor zwei Jahren im unterfränkischen Arnstein: Ein Mann entdeckt an einem Wintermorgen in seiner Gartenlaube sechs friedlich daliegende Teenager. Erst denkt er, sie würden vielleicht noch den Rausch von ihrer nächtlichen Hütten-Party ausschlafen. Doch irgendwann wird ihm klar, dass „etwas Schreckliches passiert“ sein muss. Wie sich später herausstellt, war die Ursache ein im Häuschen aufgestellter Stromgenerator, der nicht für Innenräume geeignet war. Die von dem Mann selbst gebastelte Abgasleitung versagte. Unbemerkt breitete sich das tödliche Gas in der Hütte aus. Alle sechs jungen Leute waren tot – zwei davon waren seine eigenen Kinder.
Rund 650 Menschen kommen derzeit in Deutschland jährlich durch eine Vergiftung mit Kohlenmonoxid (CO) ums Leben. Rund 4.000 Patienten kommen jedes Jahr ins Krankenhaus, weil sie sich – meist unbemerkt – eine Vergiftung mit CO-Gas zugezogen haben. „Hinzu kommt eine hohe Dunkelziffer, da viele Fälle nicht erkannt werden“, heißt es in einer aktuellen Mitteilung der „Initiative zur Prävention von Kohlenmonoxid-Vergiftungen“. Gerade in der kalten Jahreszeit träten CO-Vergiftungen vermehrt auf: Zum einen, weil dann mittels Verbrennung geheizt wird und zum anderen, weil wegen der kalten Außentemperaturen Fenster und Türen grundsätzlich geschlossen bleiben. Seit einigen Jahren wird die Gefahr noch dadurch verstärkt, dass „energetisch sanierte“ Häuser besonders stark isoliert und abgedichtet sind und ihre Atmungsfähigkeit damit verlieren.
Tückisches Atemgift: Unsichtbar, geruchlos – und leise tödlich
"Kohlenmonoxid ist als Gesundheitsrisiko kaum bekannt. Die meisten Menschen kennen nicht einmal die Quellen des gefährlichen Atemgiftes“, warnt die erst im vergangenen Jahr in Düsseldorf gegründete Initiative. Das Tückische an Kohlenmonoxid ist: Das Gas, das bei unvollständiger Verbrennung von Holz, Kohle oder Gas entsteht, ist unsichtbar und geruchlos. Viele Fälle von CO-Vergiftung werden deshalb überhaupt nicht als solche erkannt.
Ursachen: Gastherme defekt, Vogelnester auf dem Kamin
Auslöser für eine CO-Vergiftung können technische Defekte, mangelnde Wartung oder verstopfte Abluftrohre von Gasthermen, Ölheizungen, Kaminöfen oder offenen Kaminen sein. So starben beispielsweise im Februar 2018 in Esslingen ein Ehepaar und ihre beiden drei- beziehungsweise vierjährigen Kinder, nachdem sich in ihrem Reihenhaus der Abgasschlauch der Heiztherme gelöst hatte. 2011 starb in Herne im Ruhrgebiet eine vierköpfige Familie, weil Dohlen ein Nest oben auf ihrem Kamin gebaut hatten, der dadurch nicht mehr richtig zog. Auch der unsachgemäße Gebrauch von Grills oder Heizpilzen in geschlossenen Räumen stellt eine häufige Unfallursache dar. Kohlenmonoxid dringt zudem mühelos durch Wände und Fußböden und kann sich unabhängig von der Quelle im ganzen Haus verteilen. Auch beim Rauchen von Shisha-Wasserpfeifen kommt es immer wieder zu Unfällen.
Kohlenmonoxid verdrängt den Sauerstoff im Blut
Gleich aus mehreren Gründen gilt Kohlenmonoxid als besonders gefährlich: Als Teil der Raumluft ist es erstens farb- und geruchlos. Anders als stinkender Qualm bleibt es deshalb oft unbemerkt. Ist es zweitens einmal eingeatmet, klammert es sich im Blut extrem stark an den roten Blutfarbstoff Hämoglobin – und zwar bis zu 300-mal so stark wie der lebenswichtige Sauerstoff, der hier normalerweise transportiert wird. Durch diese stoffliche Blockade wird die „innere Atmung“, also der Sauerstoffaustausch von der Blutbahn in die Organe dramatisch reduziert. Bei einer Vergiftung kommt es dadurch zu einem massiven Sauerstoffmangel im Körper. Folgende Symptome können Warnsignale für eine Kohlenmonoxid-Vergiftung sein: Kopfschmerzen, Herzrasen, Schwitzen, Übelkeit, Halluzinationen, Apathie, Krampfanfälle, Atemnot.
Bei einem Verdacht auf Kohlenmonoxid-Vergiftung oder wenn ein CO-Melder im Haus oder in der Wohnung Alarm schlägt, empfiehlt die „Initiative zur Prävention von Kohlenmonoxid-Vergiftungen“ folgende Sofortmaßnahmen:
Kohlenmonoxid-Alarm: So verhalten Sie sich richtig
- Verlassen Sie umgehend das Gebäude mit allen in der Wohnung anwesenden Personen
- Öffnen Sie Türen und Fenster
- Nehmen Sie Ihr Mobiltelefon mit. Rufen Sie per Notruf 112 Rettungsdienst und Feuerwehr
- Warten Sie draußen auf die Einsatzkräfte
- Informieren Sie nach Möglichkeit weitere Bewohner/Nachbarn über die Türsprechanlage oder telefonisch
- Gehen Sie nicht zurück ins Haus
Die neu gegründete „Initiative zur Prävention von Kohlenmonoxid-Vergiftungen“ wies erst im Februar 2019 mit ihrer ersten bundesweiten Aktionswoche auf die Gefährlichkeit von Kohlenmonoxid im Alltag hin. Getragen wird die Initiative von zwölf Institutionen, darunter dem Deutschen Feuerwehrverband, zwei Notärzte-Organisationen sowie Unternehmen der Brandschutz- und Sicherheitstechnik.
Foto: obs/Initiative zur Prävention von Kohlenmonoxid-Vergiftungen/Urban Ruths