Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Kein Anti-Aging-Effekt durch Hormon-Präparate

Dienstag, 25. September 2018 – Autor:
Mit dem Altern geht die Produktion bestimmte Hormone zurück. Diese durch käufliche Präparate zu ersetzen, könnte den Prozess aufhalten, hoffen einige. Doch für derlei Anti-Aging-Effekte gibt es keinen Nachweis.
jung, gesund, junge frau, lippen, fingernägel

Schöne Haut, schöne Haare, schöne Nägel - manche Präparate versprechen einen Verjüngungseffekt – Foto: ©fotoduets - stock.adobe.com

Mit dem Alter geht die Produktion bestimmter körpereigener Hormone zurück. Sich diese Hormone durch Ersatzpräparate zuzuführen, könnte den Alterungsprozess aufhalten, hoffen einige. So werden Testosteron, Wachstumshormon, das Zirbeldrüsenhormon Melatonin oder Dehydroepiandrosteron eingenommen.

Doch die in der Hoffnung auf einen Anti-Aging-Effekt eingenommen Hormone halten nicht das, was sie versprechen, meinen Experten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Bei dem Wachstumshormon seien Risiken und Nebenwirkungen bekannt, insgesamt fehlten oft Langzeitdaten, die Sicherheit und Unbedenklichkeit der Hormongabe belegten.

Hormonproduktion geht im Alter zurück

Altern ist ein biologischer Vorgang, der mit der Geburt beginnt und nicht umkehrbar ist. Die Haut wird dünner, faltig und trocken, die Augen und Ohren verlieren an Leistungsfähigkeit, die Knochen werden porös und die Gefäße verengen sich mehr und mehr.

"Zu diesen Rückbildungsvorgängen gehört, dass mit zunehmendem Lebensalter die Hormonproduktion wie beispielsweise von Dehydroepiandrosteron, Melatonin und Wachstumshormon nachlässt. Dieser Abfall der Hormone ist jedoch nicht die Ursache, sondern die Folge des natürlichen Alterungsprozesses", sagt Prof. Matthias M. Weber, Mediensprecher der DGE.

Kein Anti-Aging-Effekt durch Hormon-Präparate

"Auch wenn es heute einen großen Markt an Hormonprodukten und Therapien gibt, die versprechen, den natürlichen Alterungsprozess hinauszuzögern, die Leistungsfähigkeit, das jugendliche Aussehen und die Lebensqualität auf hohem Niveau zu erhalten sowie gar das Leben insgesamt zu verlängern, gibt es hierfür keinen wissenschaftlichen Beleg", mahnt Weber, Leiter der Endokrinologie der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Den Anti-Aging-Effekt durch Hormon-Präparate gibt es also in der Form nicht.  

Anti-Aging: DHEA ohne signifikante Wirkung

Viel eingesetzt, frei verkäuflich und nicht als Arzneimittel zugelassen ist das Dehydroepiandrosteron (DHEA), ein Nebennierenhormon. Das körpereigene Steroid und Vorläuferhormon wird im Organismus sowohl zu Östrogenen als auch zu Androgenen biotransformiert. Hochwertige Studien haben keine signifikanten Effekte auf wichtige metabolische Parameter oder das Wohlbefindens ergeben.

"Langzeitdaten zu Krankheitshäufigkeit und Mortalität fehlen ganz und bezüglich der Risiken und Nebenwirkungen kann man nur verlässlich sagen, dass sie im Beobachtungszeitraum bis maximal zwei Jahren nicht besorgniserregend waren", sagt Prof. Sven Diederich, Vizepräsident der DGE und Ärztlicher Leiter Medicover Deutschland.

Anti-Aging: GH nur geringe Wirkung auf Fettverteilung

Die Gabe des verschreibungspflichtigen Medikaments Wachstumshormon (Growth Hormon, GH) habe seine Berechtigung darin, einen hochgradigen Mangel, beispielsweise eine Hypophysen-Vorderlappeninsuffizienz, auszugleichen. Mit GH können Minderwuchs beim Kind, beim Erwachsenen Stoffwechselstörungen, Veränderungen der Körperkomposition (Fett- und Muskelverteilung) und Verschlechterung der Lebensqualität behandelt werden.

Placebo-kontrollierte Studien zur GH-Gabe bei Älteren haben jedoch nur einen minimalen günstigen Effekt auf die Fettverteilung gezeigt. "Da aber durchaus negative Effekte bezüglich des Zuckerstoffwechsels, der Wassereinlagerungen und der Gelenkschmerzen dokumentiert wurden und mögliche Effekte auf eine Krebsförderung vorhanden sind, sollte auf GH-Gabe ganz verzichtet werden", erklärt der DGE-Experte.

Anti-Aging? Melatonin wirkt auf den Schlaf

Auch bei der Melatoningabe sind die Versprechungen der Anbieter groß. Das Hormon der Zirbeldrüse ist freiverkäuflich und wird häufig zum Anti-Aging und als antioxidativer Radikalfänger angepriesen. Doch placebo-kontrollierte klinische Studien beim Menschen sind schwer zu finden.

Die versprochenen Effekte stammen aus Tierexperimenten mit zum Teil hohen Dosierungen. Positive Effekte sind allenfalls für das Schlafverhalten dokumentiert. "Bezüglich möglicher negativer Effekte und Nebenwirkungen kann jedoch Entwarnung gegeben werden", sagt Diederich. Das Melatonin ist kein klassisches Schlafmittel mit sedierender Wirkung. Es gibt lediglich das Signal für die Regelzentren und erhöht damit den Schlafdruck.

Anti-Aging? Testosteron wirkt auf  Libido

Etwa dem 40. Lebensjahr sinkt der Testosteronspiegel des Mannes jedes Jahr um ein bis zwei Prozent, was zumeist keine spürbaren Auswirkungen hat. Von einem Testosteronmangel mit Folgen wie Libidomangel und andere Symptomen wie erektiler Dysfunktion sind in Deutschland nur drei bis fünf Prozent der 60- bis 79-jährigen Männer betroffen. Ihnen hilft eine Ergänzungstherapie mit dem männlichen Sexualhormon.

Diejenigen, die keinen echten Mangel haben, aber darauf hoffen, durch Testosteron depressiven Verstimmungen, Gewichtszunahme, Müdigkeit, Nervosität und nachlassender sexueller Potenz entgegenzutreten, werden auch hier wieder durch die Forschungserbnisse ernüchtert. Placebo-kontrollierte klinische Studien zur Testosterongabe beim älteren Mann zeigen ganz wenige positive Effekte und diese lediglich auf die Libido.

"Da Langzeitdaten bezüglich der Sicherheit nicht vorliegen und Hinweise für einen möglichen negativen Effekt auf das Herzinfarktrisiko bestehen, sollte auch hier sehr vorsichtig und mit guter Aufklärung der Patienten vorgegangen werden", betont Diederich.

Anti-Aging durch Abnehmen und Bewegung

Sas Fazit der DGE-Experten lautet: Anti-Aging-Effekte bezüglich Hormongaben im Alter sind nicht belegt, verursachen unnötige Kosten und sollten aufgrund potentieller Risiken nicht außerhalb klinischer Studien durchgeführt werden.

Um den Alterungsprozess positiv zu beeinflussen und eine hohe Lebensqualität zu erhalten, raten die Experten vielmehr zu Gewichtsreduktion in der zweiten Lebenshälfte und regelmäßigem moderaten Sport. Die Gewichtsregulation hat auch positive Effekte auf die eigene Hormonproduktion. "Ein Body-Mass-Index von unter 25 ist eine gute Anti-Aging-Maßnahme, dazu Bewegung und moderater Sport", empfiehlt der DGE-Vizepräsident.

Foto: fotoduets/fotolia.com

Hauptkategorie: Demografischer Wandel
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Alter

Weitere Nachrichten zum Thema Anti-Aging

05.09.2020

Die Darmflora leistet einen wichtigen Beitrag für unsere Gesundheit. Die Mikroorganismen im größten menschlichen Organ scheinen zudem auch den Alterungsprozess zu beeinflussen. Wissenschaftler wollen dieses Wissen nun nutzen, um das Altern zu verlangsamen.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin