Kassen zu mehr Transparenz verpflichtet
Heute wird im Deutschen Bundestag das Gesetz zur „Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung“ – kurz die Kassenreform behandelt. Das Gesetz soll in wesentlichen Teilen ab dem 1. Januar 2015 in Kraft treten und sieht zum Beispiel mehr Gestaltungsspielraum für die Kassen bei den Beitragssätzen vor. Bisher mussten alle Kassen einen einheitlich vorgeschriebenen Sonderbeitrag von 0,9 Prozent erheben, der allein von den Versicherten bezahlt wurde, zudem konnte ein pauschaler Zusatzbeitrag erhoben werden. Beides wird nun abgeschafft. Stattdessen kann künftig jede Krankenkasse einen kassenindividuellen einkommensabhängigen Zusatzbeitrag erheben. Die Höhe hängt von der Wirtschaftlichkeit der Kasse ab. Versicherte haben künftig aber ein Sonderkündigungsrecht, sobald die Kasse einen Zusatzbeitrag erhebt. Weil das alles für Versicherte aber kaum zu durchblicken ist, haben Bundesgesundheitsminister Gröhe und Co. eine Transparenzklausel eingefügt. Demnach müssen Krankenkassen künftig ihre Mitglieder umfassend über Veränderungen auf dem Kassenmarkt informieren, und zwar schriftlich.
Kassen können künftig Zusatzbeiträge selbst festlegen, müssen ihre Kunden aber schriftlich darüber informieren
Wenn die gesetzliche Kasse etwa einen Zusatzbeitrag erhebt oder erhöht, muss sie dies ihren Mitgliedern in einem persönlichen Brief mitteilen und sie darin auch über ihr Sonderkündigungsrecht informieren. Die Krankenkassen werden außerdem verpflichtet in demselben Brief den durchschnittlichen Zusatzbeitrag aller Krankenkassen zu nennen. Ist der Zusatzbeitrag der Krankenkasse höher als der durchschnittliche Zusatzbeitrag, hat die Kasse ihre Mitglieder auf die Möglichkeit hinzuweisen, in eine günstigere Krankenkasse zu wechseln. Zudem muss die Kasse auf eine Übersicht im Internet hinweisen, aus der hervorgeht, welche Krankenkassen einen Zusatzbeitrag erheben und in welcher Höhe.
Scharfe Kritik am Transparenz-Zwang
Dass der Gesetzgeber damit bei den Kassen keine offenen Türen einrennt, war zu erwarten. Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek), kritisierte, die Forderungen gingen zu weit. Der bürokratische Aufwand, schieße weit über das Ziel hinaus. „In keiner anderen Branche gibt es eine solche Hinweispflicht. Kranke Versicherte könnten diesen Hinweis auch als Aufruf zum Kassenwechsel begreifen. Das kann die Bundesregierung nicht ernsthaft wollen!“, so Elsner. Ihrer Ansicht nach werden bald wohl alle gesetzlichen Kassen einen Zusatzbeitrag erheben müssen, da der allgemeine Beitragssatz um 0,9 Prozentpunkte auf 14,6 Prozent abgesenkt wird. „Dies bedeutet im Zweifel, dass über 52 Millionen Krankenkassenmitgliedern ein Brief mit dem Hinweis auf den zu zahlenden Zusatzbeitrag ins Haus schneit“, sagte Elsner. Die Versicherten würden dadurch massiv verunsichert und der Wettbewerb auf einen reinen Preisfaktor reduziert.
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