Jugendhilfe braucht psychotherapeutische Kompetenz
Donnerstag, 4. Juni 2015
– Autor:
Cornelia Wanke
Kinder und Eltern, die Leistungen der Jugendhilfe erhalten, sind häufiger auch psychisch krank - und zwar verhältnismäßig öfter als Kinder und Eltern, die keine Leistungen der Jugendhilfe benötigen.
Wer die Jugendhilfe aufsucht, braucht oft auch psychotherapeutische Unterstützung!
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Das ist ein Ergebnis der Studie „Psychotherapeuten in der Jugendhilfe, einschließlich Erziehungsberatung“ der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). Nach Einschätzung der befragten Psychotherapeuten leiden rund 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die in Beratungsstellen Hilfe suchen, auch unter einer psychischen Erkrankung. Dieser Anteil verdoppelt sich in den stationären Jugendhilfeeinrichtungen auf fast 75 Prozent. Die betrifft wohl nicht nur die Kinder: Auch die Eltern der Kinder und Jugendlichen, die Leistungen der Jugendhilfe erhalten, sind nach Einschätzung der Befragten überdurchschnittlich häufig psychisch krank (Beratungsstellen 30 Prozent, stationäre Einrichtungen 53 Prozent).
Psychotherapeuten sind in der Erziehungsberatung unverzichtbar und übernehmen häufig auch Führungsaufgaben
„Psychotherapeutische Kompetenz wird in der Jugendhilfe dringend benötigt“, sagt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz deshalb. Psychotherapeutische Leistungen seien in der Kinder- und Jugendhilfe unverzichtbar. Dazu gehörten die spezifische Diagnostik psychischer Störungen, die Indikationsstellung und fachgerechte Beratung, sowie psychotherapeutische Einzel- und Gruppengespräche über mehrere Sitzungen. „Ohne die Kompetenzen von approbierten Psychotherapeuten ist dies qualifiziert nicht zu leisten“, so Munz.
Laut Bundespsychotherapeutenkammer sind Psychotherapeuten in vielen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe tätig. „Das größte Tätigkeitsfeld ist die Erziehungsberatung, in der rund die Hälfte der in der Jugendhilfe arbeitenden Psychotherapeuten beschäftigt ist. Über die Hälfte der Befragten übernehmen dabei formal oder informell Leitungs- und Führungsaufgaben“, schreibt die Kammer in einer Pressemitteilung. Laut Statistischen Bundesamt waren 2010 438 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (KJP) und 809 Psychologische Psychotherapeuten (PP) in der Kinder- und Jugendhilfe tätig. Dies entspreche etwa zehn Prozent aller angestellten Psychotherapeuten. Zu den Einrichtungen der Jugendhilfe zählten ambulante, vor allem Erziehungsberatungsstellen und stationäre Angebote wie Heime.
Laut Bundespsychotherapeutenkammer besteht großer Bedarf an Nachwuchskräften
Die Ergebnisse der Befragung zeigen laut BPtK auch, dass ein großer und wachsender Nachwuchsbedarf besteht. Der Bedarf an psychotherapeutischen Leistungen in der Jugendhilfe nehme zu. Zudem gebe es einen hohen Anteil älterer PP und KJP. Allerdings werde nur der kleinere Teil frei werdender PP- oder KJP-Stellen gezielt mit denselben Qualifikationen wiederbesetzt. „Deshalb ist es auch Aufgabe der Profession, den psychotherapeutischen Nachwuchs für eine Tätigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe zu gewinnen“, stellt BPtK-Präsident Munz fest.Vor diesem Hintergrund sei es Aufgabe der Profession, das Berufsfeld im Blick zu behalten und diese wieder stärker in den Blick zu nehmen und den psychotherapeutischen Nachwuchs für eine Tätigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe zu gewinnen.
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