Impfen hilft: Neue Werbekampagne der Bundesregierung sorgt für Hohn und Spott
„Impfen hilft“ heißt der Slogan der neuen Impfkampagne der Bundesregierung. Bundeskanzler Olaf Scholz stellte die Motive letzten Montag auf einer Pressekonferenz vor. Auf einem Plakat, das Scholz hoch hält, ist zu lesen: „Impfen hilft. Auch allen, die Du liebst. Darunter die Telefonnummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes. Dass war‘s.
„Wir versuchen auch, in viele Zielgruppen hineinzukommen; Bürgerinnen und Bürger zu erreichen, die bisher von den verschiedenen Informationsaktivitäten nicht erreicht wurden“, sagte Scholz bei der Präsentation. Die Aussteuerung der Kampagne werde nicht nur über massenmediale Medien erfolgen, „sondern auch gezielt über Zugänge in Communities mit impfvorsichtigen Menschen“, fügte Scholz hinzu, und werde in den kommenden Wochen „fortlaufend ergänzt.“
„Wusstest Du, dass impfen hilft?“
60 Millionen Euro kostet das Vorhaben den Steuerzahler, das von den Agenturen Scholz & Friends und Cosmonaut & Kings enwickelt wurde. Scholz & Friends ist so was wie das Who-is-Who der Werbebranche. Jetzt müssen sich die Hamburger Kreativköpfe einiges gefallen lassen.
„... Und am Ende kommt dieser Slogan heraus: Impfen hilft. Wie viele PCR-Tests hätte man von dem Geld kaufen können?“, fragte ZDF-Mann Oliver Welke in der heute Show. Dass die Gestaltung der blau-weiß-grünen Textplakate an Sanifair-Bons erinnert, nahm die heute Show ebenso aufs Korn wie die naive Vorstellung, Impfgegner mit dem Satz „Impfen hilft“ zu überzeugen. „Wusstest Du, dass impfen hilft“, fragt einer, der eben noch „Impfen tötet“ gerufen hat. „Nee“, antwortet der andere Impfgegner überrascht. „Auch allen, die ich liebe?“. „Klar, steht doch da!“.
Im Netz tobt es
Im Netz hagelt es derweil Hohn und Spott. „Dieses Plakat … soll das neue Symbol der neuen Impfkampagne sein? Das ist jetzt nicht deren Ernst, oder?“, twittert zum Beispiel ein User namens Party h3. Andere finden die Kampagne nur „hochgradig peinlich“, lachen sich mittels Emojis kaputt oder ziehen Vergleiche, dass Impfen tatsächlich helfe, nämlich der Pharma-Lobby.
Welt-Redakteur Olaf Gersemann nennt die neue Werbekampagne „irre“ und schreibt auf Twitter. „An Tag 2 der irren neuen Werbekampagne der Bundesregierung fällt der 7-Tage-Schnitt der #Corona-Impfungen in Deutschland auf 441.690. Damit ist der Wert binnen zwei Wochen um 28 Prozent gesunken.“
Werber kritisieren Werber
Auch Fachleute aus der Werbebranche lassen kein gutes Haar an der Kampagne. „Die Appelle auf den Plakaten sind einfach nur dümmlich und komplett an der Realität dieser Menschen vorbei“, sagte Adelheid Blecke, Senior Marketingberaterin der Paderborner Agentur TMC dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Offenbar habe man es inzwischen aufgegeben, impfskeptische Menschen zu erreichen.
Es gebe wahrscheinlich viele Gründe, warum Menschen sich nicht impfen ließen oder noch zögerten, meint die Werbeexpertin „Diese Leute werde ich über so eine Kampagne aber nicht erreichen – und sie werden schon gar nicht aufgeklärt.“ Der Appell ‚Impfen hilft‘ sei viel zu kurz gegriffen.
Die kreative Leistung der Kampagne sei „weit unter dem Niveau, das man von den geschätzten Kolleg:innen sonst in der Regel bekommt“, meinte Blecke. Sie spekuliert, dass es vermutliche bessere Entwürfe gegeben habe, die Bundesregierung sich dann aber für den langweiligsten entschieden habe.