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Helmholtz-Forscher sehen in gram-negativen Erregern die größte Gefahr

Sonntag, 18. Mai 2014 – Autor: gst
Kommt die "Post-Antibiotika-Ära" oder ist sie sogar schon da, wie WHO-Vizechef Keiji Fukuda kürzlich prophezeite. Forscher vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung haben (HZI) jetzt Stellung bezogen.
Helmholtz-Forscher sehen in gram-negativen Erregern die größte Gefahr

Wissenschaftler am HZI arbeiten an Methoden, mit denen man die Antibiotikaresistenzen von Bakterien schneller bestimmen kann.

Die Warnung der WHO vor einer "Post-Antibiotika-Ära" nehmen auch Infektionsforscher aus Deutschland ernst. Nach Einschätzung  von Forschern des Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) ist die Lage in Deutschland zwar nicht so dramatisch wie in vielen anderen Teilen der Welt, aber auch keineswegs entspannt. Die Zahl der nicht oder zumindest nicht mit den üblichen Antibiotika therapierbaren Infektionserkrankungen nimmt demnach auch hierzulande zu. Schuld sind Multiresistente Keime, die gegen mehrere verschiedene Antibiotika unempfindlich sind. Das größte Problem sind den HZI-Experten zufolge dabei die Gram-negativen Erreger, wie beispielsweise die im WHO-Bericht untersuchten Escherichia coli und Pseudomonaden, die Harnwegsinfektionen beziehungsweise Lungenentzündungen hervorrufen können. „Es befinden sich erschreckend wenige Substanzen gegen Gram-negative Bakterien in der Entwicklungsphase, weil es schwierig ist, Stoffe zu finden, die die Zellwand dieser Bakterien durchdringen können und nicht gleich wieder ausgeschleust werden“, sagt Prof. Mark Brönstrup, Leiter der Abteilung „Chemische Biologie“, am HZI.

Weniger Antibiotika könnten die Lösung sein

Den HZI-Forschern zufolge sollte unbedingt mehr getan werden, um einen andernfalls drohenden signifikanten Rückgang des Therapiestandards zu vermeiden. Ansatzpunkte für eine Lösung des Problems gebe es, man müsse sie nur nutzen. „Die wirksamste Maßnahme zur Eindämmung des Problems ist, Antibiotikaverordnung und -einnahme zielgerichtet zu betreiben“, sagt Prof. Gérard Krause, Leiter der Abteilung Epidemiologie am HZI. Es sei wichtig, dass Antibiotika von Ärzten nicht unnötig verschrieben werden, dass immer die für eine Krankheit sinnvollsten Antibiotika verordnet werde und dass Antibiotika von den Patienten so eingenommen werden, wie von den Ärzten angeordnet.

Ebenso wichtig seien Präventionsmaßnahmen, mit denen sich Infektionen vermeiden lassen: „Gute Hygiene in Krankenhäusern und in der Lebensmittelproduktion sind dabei genauso entscheidend wie Impfungen“, meint Krause. Darüber hinaus seien die Forschung und die Suche nach neuen Medikamenten wesentliche und unabdingbare Elemente im Kampf gegen Resistenzen.

Naturstoff-Forschung wurde vernachlässigt

„Die Forschung sollte den Erregern immer einen Schritt voraus sein. Es ist keine Frage, ob Resistenzen auftreten, sondern wann“, sagt Prof. Rolf Müller, Geschäftsführender Direktor des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) und Leiter der Abteilung „Mikrobielle Naturstoffe“. Daher seien Grundlagenforschung und die Überführung der Ergebnisse in die medizinische Anwendung in diesem Bereich so wichtig- Vor allem auch, weil der mangelnde Nachschub an neuen Antibiotika in den letzten Jahren strukturell bedingt sei „Zum einen sind nur noch wenige Pharmafirmen auf dem Gebiet tätig und zum anderen ist die Naturstoff-Forschung als ergiebigste Quelle neuer Antibiotika in den letzten Jahren vernachlässigt worden,“ erklärt Brönstrup.

Seine Arbeitsgruppe hat es sich zum Ziel gesetzt, neue Wirkstoffe zu entdecken, ihre Funktionsweise zu charakterisieren und ihre Eigenschaften zu optimieren. „Durch Forschung wie diese versucht das HZI, aktiv in den Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen einzugreifen“, sagt Brönstrup.

Rückenwind erhalten die Forscher von der Politik bzw. dem Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), das eine enge Kooperation von Forschungseinrichtungen ermöglicht. Ziel ist es, die Ergebnisse aus der Grundlagenforschung in die medizinische Anwendung zu überführen. Was in diesem Fall bedeutet: möglichst rasch neue Antibiotika zu finden.

Foto: HZI

Hauptkategorien: Gesundheitspolitik , Medizin

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