Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Gesundheitssystem auf Demenzkranke schlecht vorbereitet

Montag, 22. September 2014 – Autor:
Die Zahl der Demenzkranken soll sich in den nächsten 30 Jahren von derzeit 1,5 Millionen auf drei Millionen verdoppeln. Experten zufolge wird die Versorgung dieser Patienten zur größten Herausforderung für das Gesundheitssystem.
Gesundheitssystem auf Demenzkranke schlecht vorbereitet

Alzheimer: Etwa jeder Dritte über 90 ist betroffen

Zum Welt-Alzheimertag 2014 hatten Organisationen wie die Deutsche Alzheimergesellschaft oder die Hirnliga wenig Erfreuliches zu melden. Steigende Erkrankungszahlen, lange Pflegzeiten, sinkende personelle und finanzielle Ressourcen machten die Demenzen zu einer der größten Herausforderung für das Gesundheits- und Sozialwesen weltweit, teilte etwa die Deutsche Alzheimergesellschaft anlässlich des Welt-Alzheimertag 2014 mit. Bislang sei unser Gesundheits- und Sozialwesen jedoch darauf nicht eingestellt. Auch das deutsche nicht. Schätzungen zufolge soll sich hierzulande bis zum Jahr 2050 die Zahl der Erkrankten von derzeit etwa 1,5 Millionen auf drei Millionen steigen, sofern kein Durchbruch in der Therapie gelingt. Zwei Drittel der Erkrankten leiden an einer Demenz vom Typ Alzheimer.

Strukturelle Verbesserungen für Menschen mit Demenz gefordert

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft forderte daher strukturelle Veränderungen im Land. „Pflegeeinrichtungen müssen so aufgestellt sein, dass Menschen mit Demenz dort gut versorgt werden“, sagte die Vorsitzende des Vereins Heike von Lützau-Hohlbein. Weiter müssten sich Krankenhäuser auf die zunehmende Zahl demenzkranker Patienten einstellen und entsprechende Konzepte entwickeln. Der bürokratische Aufwand, der nötig ist um Unterstützung bei der Pflege zu erhalten, müsse reduziert werden. Und auch die lange angekündigte grundlegende Reform der Pflegeversicherung, die zu einer Gleichbehandlung von Demenzkranken und körperlich Pflege.

„Solange mit Kranken- und Pflegekassen unterschiedliche „Töpfe“ existieren, führt das zu Fehlanreizen, denn die komplexen Leistungen in Diagnostik und Therapie werden sowohl bei den Hausärzten, niedergelassenen Fachärzten und in den Kliniken nicht adäquat honoriert“, kritisierte der Präsident der deutschen Alterspsychiater Prof. Dr. Hans Gutzmann. „Mit der Konsequenz, dass Demenzkranke, gemessen an internationalen Standards, in Deutschland nicht angemessen behandelt werden.“ Aktuelle Bestrebungen von Bund und Ländern, den Altenpflegeberuf in seiner jetzigen Form abzuschaffen, betrachten die Gerontopsychiater mit großer Sorge. Die medizinische und pflegerische Forschung und Praxis fordere für die über 65-jährigen eine genau auf diese Altersgruppe ausgerichtete Behandlung und Pflege. Der Altenpflegeberuf verfüge schon heute über genau jene Kompetenzen. „Er muss deshalb erhalten und weiterentwickelt werden. Andernorts, etwa in Großbritannien, wird der Beruf gerade neu erfunden, den man bei uns abschaffen will“, so Prof. Gutzmann weiter.

Rechtzeitige Diagnose von Alzheimer verbessert Lebensqualität

Fortschritte in der Therapie von Alzheimer sind derzeit auch nicht zu verzeichnen. Die Euphorie über eine baldig verfügbare ursachenbezogene Behandlung sei verflogen, sagte etwa Prof. Hans-Jürgen Möller, München, der Vorsitzende der Hirnliga e. V. Der Demenzforscher ist zwar überzeugt, dass es irgendwann eine wirksame Therapie geben werde. „Aber wann das sein wird, ist völlig unklar“, so Möller.

Die Organisationen appellierten deshalb an die Menschen Demenz und Alzheimer ernst zu nehmen. Bei einer frühzeitigen Diagnose und rechtzeitigem Beginn der Demenz-Therapie sei es möglich, den Verlauf der Krankheit positiv zu beeinflussen. Prof. Möller zufolge sollten dabei Medikamente, nichtmedikamentöse Therapien und pflegerische Maßnahmen in einem therapeutischen Gesamtkonzept eingesetzt werden. Die Therapien bewirkten eine Verlangsamung der Krankheitsentwicklung und ermöglichten den Betroffenen und ihren Angehörigen, über einen längeren Zeitraum in Selbstbestimmung und Würde zu leben.

Foto: © Osterland - Fotolia.com

Hauptkategorien: Demografischer Wandel , Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Alzheimer , Demenz , Pflege , Pflegende Angehörige

Weitere Nachrichten zum Thema Demenz

28.09.2019

Viele demenzerkrankte Menschen werden nicht fachgerecht diagnostiziert. Dabei ist eine möglichst frühe Diagnose wichtig, um alle therapeutischen Möglichkeiten auszuloten. Zudem können Symptome, die auf eine Demenzerkrankung hinweisen, ganz andere Ursachen haben, die festgestellt werden sollten.

Aktuelle Nachrichten

Mehr zum Thema
Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin