Gesundheitssystem auf Demenzkranke schlecht vorbereitet
Zum Welt-Alzheimertag 2014 hatten Organisationen wie die Deutsche Alzheimergesellschaft oder die Hirnliga wenig Erfreuliches zu melden. Steigende Erkrankungszahlen, lange Pflegzeiten, sinkende personelle und finanzielle Ressourcen machten die Demenzen zu einer der größten Herausforderung für das Gesundheits- und Sozialwesen weltweit, teilte etwa die Deutsche Alzheimergesellschaft anlässlich des Welt-Alzheimertag 2014 mit. Bislang sei unser Gesundheits- und Sozialwesen jedoch darauf nicht eingestellt. Auch das deutsche nicht. Schätzungen zufolge soll sich hierzulande bis zum Jahr 2050 die Zahl der Erkrankten von derzeit etwa 1,5 Millionen auf drei Millionen steigen, sofern kein Durchbruch in der Therapie gelingt. Zwei Drittel der Erkrankten leiden an einer Demenz vom Typ Alzheimer.
Strukturelle Verbesserungen für Menschen mit Demenz gefordert
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft forderte daher strukturelle Veränderungen im Land. „Pflegeeinrichtungen müssen so aufgestellt sein, dass Menschen mit Demenz dort gut versorgt werden“, sagte die Vorsitzende des Vereins Heike von Lützau-Hohlbein. Weiter müssten sich Krankenhäuser auf die zunehmende Zahl demenzkranker Patienten einstellen und entsprechende Konzepte entwickeln. Der bürokratische Aufwand, der nötig ist um Unterstützung bei der Pflege zu erhalten, müsse reduziert werden. Und auch die lange angekündigte grundlegende Reform der Pflegeversicherung, die zu einer Gleichbehandlung von Demenzkranken und körperlich Pflege.
„Solange mit Kranken- und Pflegekassen unterschiedliche „Töpfe“ existieren, führt das zu Fehlanreizen, denn die komplexen Leistungen in Diagnostik und Therapie werden sowohl bei den Hausärzten, niedergelassenen Fachärzten und in den Kliniken nicht adäquat honoriert“, kritisierte der Präsident der deutschen Alterspsychiater Prof. Dr. Hans Gutzmann. „Mit der Konsequenz, dass Demenzkranke, gemessen an internationalen Standards, in Deutschland nicht angemessen behandelt werden.“ Aktuelle Bestrebungen von Bund und Ländern, den Altenpflegeberuf in seiner jetzigen Form abzuschaffen, betrachten die Gerontopsychiater mit großer Sorge. Die medizinische und pflegerische Forschung und Praxis fordere für die über 65-jährigen eine genau auf diese Altersgruppe ausgerichtete Behandlung und Pflege. Der Altenpflegeberuf verfüge schon heute über genau jene Kompetenzen. „Er muss deshalb erhalten und weiterentwickelt werden. Andernorts, etwa in Großbritannien, wird der Beruf gerade neu erfunden, den man bei uns abschaffen will“, so Prof. Gutzmann weiter.
Rechtzeitige Diagnose von Alzheimer verbessert Lebensqualität
Fortschritte in der Therapie von Alzheimer sind derzeit auch nicht zu verzeichnen. Die Euphorie über eine baldig verfügbare ursachenbezogene Behandlung sei verflogen, sagte etwa Prof. Hans-Jürgen Möller, München, der Vorsitzende der Hirnliga e. V. Der Demenzforscher ist zwar überzeugt, dass es irgendwann eine wirksame Therapie geben werde. „Aber wann das sein wird, ist völlig unklar“, so Möller.
Die Organisationen appellierten deshalb an die Menschen Demenz und Alzheimer ernst zu nehmen. Bei einer frühzeitigen Diagnose und rechtzeitigem Beginn der Demenz-Therapie sei es möglich, den Verlauf der Krankheit positiv zu beeinflussen. Prof. Möller zufolge sollten dabei Medikamente, nichtmedikamentöse Therapien und pflegerische Maßnahmen in einem therapeutischen Gesamtkonzept eingesetzt werden. Die Therapien bewirkten eine Verlangsamung der Krankheitsentwicklung und ermöglichten den Betroffenen und ihren Angehörigen, über einen längeren Zeitraum in Selbstbestimmung und Würde zu leben.
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