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Gesundheitsministerium will mehr Arzneimittel für Kinder

Dienstag, 9. Juni 2015 – Autor: Angela Mißlbeck
Kinder und Jugendliche erhalten oft Arzneimittel, die nur an Erwachsenen geprüft worden sind. Das soll sich nun ändern. Das Bundesgesundheitsministerium will gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darauf hinwirken, dass mehr Arzneimittel zur Verfügung stehen, die auch an Kindern erprobt wurden.
Medikamente für Kinder - es fehlt an Zulassungen

Experten: Kinder brauchen mehr sichere Medikamente – Foto: Peter Hermes Furian - Fotolia

„Immer noch gibt es zu wenig Arzneimittel für Kinder und Jugendliche“, kritisierte Gesundheits-Staatssekretär Lutz Stroppe am Montag in Berlin. „Wir wollen die Zahl sicherer Kinderarzneimittel erhöhen. Dafür müssen die verfügbaren Arzneimittel daraufhin untersucht werden, ob und in welcher Dosierung und Darreichungsform sie für eine Behandlung von Kindern und Jugendlichen geeignet sind“, so der Staatssekretär weiter.

Auch der Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Professor Karl Broich forderte dringende Verbesserungen bei der Arzneimittelsituation für Kinder und Jugendliche. „Mit der Weiterentwicklung bewährter und patentfreier Arzneimittel könnten Versorgungslücken in dieser Altersgruppe schnell geschlossen werden“, so Broich.

Medikamenteneinnahme: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen

Viele zugelassene Arzneimittel werden laut BMG und BfArM bei Kindern angewendet, ohne dass systematische klinische Studien zur Dosierung oder zur Darreichungsform für Kinder vorliegen. Dosierungen werden den Angaben zufolge häufig nur an das Körpergewicht angepasst, obwohl sich der Stoffwechsel von Erwachsenen und Kindern je nach der Entwicklungsphase teils erheblich unterscheidet. „In der Folge kann die für Erwachsene ermittelte Dosis für Kinder zu hoch oder zu niedrig sein oder die Anwendung zu selten oder zu häufig erfolgen. Eine eingeschränkte Wirksamkeit bis hin zur Unwirksamkeit sowie mögliche beträchtliche bis lebensbedrohliche Nebenwirkungen können die Folge sein“, warnen Ministerium und Behörde.

Wegen fehlender geeigneter Darreichungsformen müssten außerdem Tabletten für jüngere Kinder häufig zerkleinert und in Flüssigkeiten oder Lebensmittel eingerührt werden. Eine genaue Dosierung des Arzneimittels sei dann nicht immer sicher zu gewährleisten. Zudem sei bisher nicht ausreichend überprüft, inwieweit die Arzneimittelwirkung durch die beigemischten Lebensmittel beeinflusst wird.

Hürden bei der Zulassung sollen beseitigt werden

Das BfArM und das Bundesgesundheitsministerium sind überzeugt, dass viele bewährte Arzneimittel ein hohes Potential haben, die Lücken bei der sicheren Arzneimittel-Versorgung von Kindern zu schließen. Dazu müssten aber die Regelungen der so genannten PUMA-Zulassungen (Paediatric use marketing authorisation) stärker genutzt werden. Diese Zulassung ermöglicht seit 2007 eine Anwendung bereits zugelassener und nicht mehr rechtlich geschützter Arzneimittel bei Kindern und räumt den Zulassungsinhabern weitergehende Schutzrechte ein. Doch sie wird praktisch nicht genutzt. Er zwei solcher Verfahren wurden den Angaben zufolge bisher durchgeführt.

Ministerium und BfArM haben daher bei einem Kinderarzneimittel-Symposium am Montag in Berlin gemeinsam mit der pharmazeutischen Industrie, Kinderärzten, dem Gemeinsamen Bundesausschuss und Patientenvertretern über Maßnahmen zur Verbesserung der Arzneimittelsituation von Kindern und Jugendlichen beraten. Das BfArM will auf dieser Grundlage Maßnahmen festlegen, die zu mehr PUMA-Zulassungen führen. Die Behörde wirbt dazu um die Mitwirkung der Pharmaindustrie und der Ärzte, aber auch um Sponsoren für klinische Prüfungen zur „Überleitung“ von Erwachsenenarzneimitteln auf Kinderarzneimittel. Nötig sei zudem mehr Aufklärungsarbeit, damit Eltern ihre erkrankten Kinder an klinischen Studien teilnehmen lassen.

Foto: Peter Hermes Furian - Fotolia.com

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik

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