11. März 2015 . Drucken . Masern-Impfung "Gegen Masern sollten sich auch Erwachsene impfen lassen" Der Kinderarzt und Infektiologe Professor Reinhard Berner über die Gefahren von Masern, beratungsresistente Impfgegner und warum das neue Präventionsgesetz auch den nächsten Masernausbruch nicht verhindern wird. Herr Professor Berner, als Kinder- und Jugendmediziner sind Ihnen impfkritische Eltern sicher bestens bekannt. Was entgegnen Sie jungen Eltern, die ihr Kind partout nicht gegen Masern impfen lassen wollen? Berner: Viele dieser so genannten Impfgegner haben schlichtweg ein Informationsdefizit. Auf dem Boden der Unkenntnis und der Fehlinformation, die übrigens auch von den Medien verbreitet wird, gedeihen dann Vorurteile, etwa dass Impfungen schwere Nebenwirkungen, Allergien oder sogar Autismus verursachen. Diese Gruppe ist aber durchaus zugänglich für sachliche Argumente. Schwieriger wird es bei den mehr weltanschaulich geprägten, die behaupten, das Durchstehen von Kinderkrankheiten stärke auf lange Sicht Körper und Geist. Auch an dieser Vorstellung ist grundsätzlich sicherlich etwas Richtiges. Sie gilt aber nur für diejenigen, die die Masern gesund überstanden haben, aber definitiv nicht für diejenigen, die an Masern versterben oder schwere Komplikationen und Folgeschäden erleiden. Der Schutz genau dieser Kinder aber ist unsere Aufgabe – und auch die Aufgabe der Politik. Trotzdem: Wie lauten Ihre Argumente? Berner: Ich sage immer: Impfungen haben uns vor vielen schweren Krankheiten bewahrt und genau deshalb sehen viele die Gefahren nicht, weil sie die Krankheiten und ihre Schwere nicht mehr selbst und oft nicht einmal mehr aus Erzählungen kennen. Auch bei einer „Kinderkrankheit“ wie Masern kann es nämlich zu extrem schweren Verläufen einschließlich verschiedener Formen von Entzündungen des Gehirns und der Hirnhäute kommen. Immerhin betrifft dies etwa einen unter 500 Erkrankten. Diese Komplikationen stehen in keinem Verhältnis zu den moderarten Nebenwirkungen einer Impfung. Nun gibt es ja auch Impfgegner in Ihren eigenen Reihen. Laut Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte haben 10 bis 15 Prozent Ihrer Kollegen eine „etwas andere Meinung“ zum Impfen. Berner: Kommt mir etwas viel vor, aber die Zahl mag schon stimmen. Aber egal wie viele Impfskeptiker es letztlich unter den Kinderärzten gibt. Aus meiner Sicht darf man die Impfberatung sowieso nicht ausschließlich den Ärzten überlassen. Sondern? Berner: Wenn die Politik ernsthaft Masernausbrüche, wie wir sie gerade in Berlin erleben, verhindern will, dann muss sie auch den Öffentlichen Gesundheitsdienst stärken. Sollten also Gesundheitsamt & Co künftig das umsetzen, was im Präventionsgesetz geplant ist, nämlich eine verpflichtende Impfberatung, bevor Eltern ihre Kinder in eine öffentliche Einrichtung geben? Berner: Das ist aus meiner Sicht ein gangbarer Weg, um eine bessere Durchimpfung zu erreichen. Oder was erwarten Sie, wenn jeder zehnte Kinderarzt – übrigens auch Hausärzte - wie Sie sagen, eine „etwas andere Meinung“ zum Impfen hat und Eltern dann eine Beratungsbescheinigung ausstellt? So bekommen Sie doch niemals die Impflücken geschlossen. Deswegen führt uns das neue Präventionsgesetz in Sachen Masern-Prävention aus meiner Sicht auch nicht wirklich weiter. Was wäre neben der Beratung aus Ihrer Sicht noch Aufgabe des Öffentlichen Gesundheitsdienstes? Berner: Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass Ärzte des Gesundheitsamts die Impfpässe in Kindergärten und Schulen prüfen und Eltern beraten und gegebenenfalls freundlich zum Impfen auffordern. Oft ist es ja gar kein böser Wille bzw. bewusste Ablehnung der Eltern, wenn den Kindern eine Impfung fehlt. Das wäre dann aber noch nicht die Impfpflicht? Berner: Ach, ich mag die Diskussion um die Impfpflicht nicht, weil die sowieso in Deutschland nicht kommen wird und ich auch prinzipiell nicht für eine Impfpflicht bin. Sie wird aber bei aktuellen Anlässen immer wieder gerne aus der Schublade geholt, insbesondere von Politikern. Stattdessen sollte man lieber beispielsweise den Öffentlichen Gesundheitsdienst mit mehr Ressourcen und Kompetenzen ausstatten, aber dafür fehlt das Geld bzw. die Bereitschaft, Geld auszugeben. Bereits 1984 wurde von der WHO das Jahr 2000 als Zeitpunkt für die weltweite Elimination der Masern festgelegt. Deutschland hat sich zu diesem Ziel bekannt. Wir sind heute 2015 allerdings nach wie vor himmelweit davon entfernt. Bei den Masern geht es nicht nur um Kinder. Die größten Impflücken bestehen ja vor allem bei den nach 1970 geborenen jungen Erwachsenen und Jugendlichen. Können die denn auch im Erwachsenenalter noch eine Masernimpfung nachholen? Berner: Auf jeden Fall können und sollten sich auch Erwachsene gegen Masern impfen lassen. Gerade die von Ihnen genannten nach 1970 Geborenen haben ja das Problem, dass sie trotz Impfung oft keinen ausreichenden Impfschutz mehr haben. In den 1970er und 80er Jahren wurden Kinder nämlich nur einmal gegen Masern geimpft. Heute weiß man, dass es für den vollen und nachhaltigen Impfschutz eine zweite Impfung braucht. Die zweite Masern-Impfung wird in Deutschland seit 1991 empfohlen Nehmen denn Masern bei Erwachsenen noch häufiger schwere Verläufe als bei Kindern? Berner: Ja, das kommt noch hinzu. Aber nicht nur aus diesem Grund, sollte sich grundsätzlich jeder gegen Masern impfen lassen. Säuglinge sind, bevor sie mit neun Monaten geimpft werden können, extrem gefährdet sich mit Masern anzustecken. Der Nestschutz von ihren Müttern ist aus den genannten Gründen nämlich meist nicht gegeben. Schlimmer noch: Sie haben ein besonders hohes Risiko, noch Jahre nach der Infektion an der subakuten sklerosierenden Panenzephalitis (SSPE) zu erkranken. Das ist die gefährlichste Form der Hirnhautentzündung und endet immer mit einem extrem grausamen Tod. In Berlin gab es sogar schon die Empfehlung, Säuglinge während der Masernwelle zu Hause zu lassen bzw. große Menschenmengen zu meiden. Finden Sie das richtig? Berner: Die Entscheidung ist auf jeden Fall nachvollziehbar. Den einzigen Schutz, den Sie einem Säugling bieten können, ist, potenzielle Ansteckungsquellen von ihm fern zu halten. Deswegen noch mal: Wer sich heute gegen eine Masernimpfung entscheidet – bei sich selbst oder den eigenen Kindern – nimmt in Kauf, dass sich irgendwann ein Säugling infiziert und an den Folgen von Masern stirbt. Wahrscheinlich müsste jeder hartgesottene Impfgegner mal ein Kind mit SSPE sehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass danach noch einer behauptet, jede Maserninfektion stärke Körper und Geist. Prof. Dr. med. Reinhard Berner ist Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Dresden, Wissenschaftlicher Beirat der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie und vertritt im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin die pädiatrische Infektiologie. Autor: Beatrice Hamberger Hauptkategorien: Prävention und Reha , Gesundheitspolitik , Medizin
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