Fruchtschädigend? Experten fordern Medikationsplan für Frauen mit Kinderwunsch
30 Prozent aller Frauen nehmen vor ihrer Schwangerschaft regelmäßig mindestens ein Medikament ein. Einige Medikamente können fruchtschädigend wirken und lösen fatale Schädigungen insbesondere in den ersten Wochen der Schwangerschaft aus.
Im aktuellen Barmer Report forderte Barmer-Vorstandschef Prof. Christoph Straub daher einen Rechtsanspruch auf einen bundeseinheitlichen Medikationsplan, wenn sich Frauen im gebärfähigen Alter befinden und durchgehend Medikamente einnehmen.
Kontraindikationen bleiben unentdeckt
Denn nicht nur bei Frauen mit ungeplanter Schwangerschaft könnten die falschen Medikamente Folgen haben, es kommen noch viele Frauen mit Medikation hinzu, die ihre Schwangerschaft zwar planen, mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt aber nicht über den Kinderwunsch sprechen.
Da der Anspruch auf einen Medikationsplan in der Gesetzlichen Krankenversicherung bislang erst ab drei verordneten Medikamenten besteht, kommt es auch in der Arzt-Patient-Beziehung so zu Informationslücken und bleiben mögliche Kontraindikationen unentdeckt, heißt es weiter in einer Pressemitteilung.
Schutz des Ungeborenen muss früher beginnen
Im ersten Schwangerschaftsdrittel bekamen im Jahr 2018 insgesamt 663 von mehr als 66.000 Barmer-Versicherten, die ein Kind zur Welt brachten, Medikamente mit potenziell kindsschädigenden Wirkungen verordnet.
"Die grundsätzliche Verordnung von Teratogenen vor einer Schwangerschaft ist nicht das Problem. Vor allem dann nicht, wenn verhütet wird. Spätestens mit Eintritt der Schwangerschaft darf aber kein Teratogen mehr zum Einsatz kommen. Genau genommen muss der Schutz des ungeborenen Kindes bereits davor beginnen", so Straub.
Auch Verordnungen im späteren Verlauf der Schwangerschaft
Hinzu kommt: Noch immer bekommen Frauen auch im späteren Verlauf der Schwangerschaft Arzneimittel mit Risiken der Schädigung des ungeborenen Kindes verordnet. Im Jahr 2018 waren hiervon 1.210 Barmer-Versicherte betroffen.
"Zu einem späten Zeitpunkt der Schwangerschaft sind solche Arzneimittel im Einzelfall eventuell akzeptabel, weil die Gefahr für Missbildungen und Schädigungen des Kindes dann etwas geringer ist. Deren Verabreichung muss dann aber zwingend im Medikationsplan stehen", sagt Report-Autor Prof. Daniel Grandt, Chefarzt am Klinikum Saarbrücken.
Medikationsplan für Frauen mit Kinderwunsch gefordert
Mit Blick auf die frühe Schwangerschaft kritisiert Grandt zudem, dass die Absetzquoten bei den als besonders kritisch geltenden Arzneimittelwirkstoffen zu niedrig sind und im Beobachtungszeitraum des Reports lediglich zwischen 31 und 60 Prozent betragen haben. "Das ist viel zu wenig", sagt Grandt. Gerade der Einsatz stark fruchtschädigender Arzneimittel ist für ihn dann in keinem Fall vertretbar, wenn es gleichwertige und sicherere Alternativen gibt. Auch daher fordert der Experte den Medikationsplan für Frauen mit Kinderwunsch.