Endovaskuläre Therapie bei Schlaganfall sinnvoll?
Immer wieder werden Studien darüber veröffentlicht, ob eine endovaskuläre Therapie bei einem Schlaganfall angezeigt ist oder nicht. Bisher gilt immer noch die intravenöse Lyse als Mittel der Wahl – vor allem, wenn sie möglichst schnell nach Einsetzen der ersten Symptome verabreicht wird. Doch insbesondere in den USA wird zunehmend die Katheterbehandlung eingesetzt, und auch in Europa beginnt sie allmählich, sich durchzusetzen.
Das Ziel der endovaskulären Therapie bei einem Schlaganfall ist die schnelle Wiederherstellung des Blutflusses im betroffenen Gefäß, um das Ausmaß des Gewebeuntergangs einzugrenzen. Endovaskuläre Interventionen umfassen intraarterielle Thrombolyse, mechanische Embolektomie und Angioplastie mit oder ohne Stenting. Allgemein ist davon auszugehen, dass von einer endovaskulären Therapie vor allem Patienten mit einem Verschluss großer Gefäße profitieren, da die I.v.-Lyse es hier nicht immer schafft, die Thromben aufzulösen und große Gefäße für den Katheter gut zugänglich sind. Dennoch haben drei große kontrollierte Studien kürzlich keinen Vorteil einer mechanischen Gefäßöffnung ergeben.
Bedingungen von Studien kritisiert
Kritiker bemängeln allerdings, dass bei diesen Studien kaum moderne Stent-Retriever benutzt wurden, sondern ältere, weniger effektive Systeme. Zudem wurden vor allem Patienten mit Verschlüssen kleinerer Gefäße behandelt. Nun hat ein Neurologenteam eine neue Studie veröffentlicht, in der genauer untersucht wurde, bei welchen Patienten eine endovaskuläre Therapie hilfreich sein kann.
Die Forscher um Dr. Srikant Rangaraju zeigten in ihrer retrospektiven Analyse, dass Patienten mit einem Verschluss großer Hirngefäße von einer endovaskulären Therapie profitieren können. Demnach ist das Infarktvolumen kleiner und schwere Behinderungen seltener, als wenn nur eine I.v.-Lyse gegeben wird. Für ihre Analyse verwendeten die Mediziner Daten aus zwei Schlaganfallzentren in Atlanta. In einem der beiden Zentren bevorzugten die Ärzte bei großen Gefäßverschlüssen eine rasche endovaskuläre Therapie, im zweiten Zentrum setzten die Mediziner meist auf die I.v.-Lyse. Aber auch vor der endovaskulären Therapie hatten die meisten Patienten (68 Prozent) eine vollständige I.v.-Lyse bekommen.
Weniger Behinderungen nach endovaskulärer Therapie
Das Forscherteam wertete die Daten von 203 Patienten aus, die innerhalb von sechs Stunden nach Symptombeginn eine ärztliche Behandlung erfahren hatten. Alle hatten einen Verschluss der Carotis interna oder einen M1- oder M2-Verschluss der mittleren Gehirnschlagader. Primärer Endpunkt der Analyse war das mediane Infarktvolumen. Es zeigte sich, dass dies bei den Patienten, die eine endovaskuläre Therapie erhalten hatten, wesentlich geringer war als in der Gruppe, die nicht operiert worden waren.
Die Unterschiede zwischen den Gruppen waren auch dann noch signifikant, wenn Alter, NIHSS-Wert bei der Aufnahme und Dauer bis zum Therapiebeginn berücksichtigt wurden. Allerdings zeigte sich der Vorteil nur bei Patienten mit schweren Symptomen. Bei geringen Symptomen waren die Unterschiede hingegen kaum signifikant.
Die Daten zeigen also, dass vor allem Patienten mit großen Gefäßverschlüssen und dementsprechend starken Behinderungen von einer endovaskulären Therapie profitieren können. In einem Kommentar zu der Studie erklären die Neurologen Harold Adams und Michael Froehler, dass die Ergebnisse bei einer Behandlung mit modernen Stent-Retrievern, die in der Studie kaum zum Einsatz kamen, noch besser sein könnten.
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