Dass Diclofenac nicht unerhebliche Nebenwirkungen haben kann, ist bereits bekannt. Doch nun ist die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) zu dem Schluss gekommen, dass die gesundheitlichen Risiken – zumindest bei einigen Grunderkrankungen – so hoch sind, dass Arzneimittel mit diesem Wirkstoff möglichst gar nicht mehr eingenommen werden sollten. So hat man festgestellt, dass Diclofenac das Risiko für Herzinfarkte von acht auf elf pro 1.000 Personen erhöht, und auch das Risiko für Schlaganfälle steigt durch die Einnahme.
Menschen, die bereits unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden, sollten den Wirkstoff daher gar nicht mehr zu sich nehmen. Bei anderen Patienten ist zumindest Vorsicht geboten, so die Behörde. So sollte bei Patienten mit Risikofaktoren wie Bluthochdruck, erhöhten Blutfettwerten sowie bei Diabetikern und Rauchern das Nutzen-Risiko-Verhältnis vor einer Verordnung genau abgewogen werden. Vor allem ist eine längerfristige Behandlung mit hoher Dosierung zu vermeiden.
Diclofenac ähnlich gefährlich wie Vioxx
Der Wirkstoff gehört zu den am häufigsten eingenommenen Schmerzmitteln und ist beispielsweise in Voltaren enthalten. Laut EMA ist das Risiko für Herzinfarkte unter Diclofenac ähnlich hoch wie bei den sogenannten Cox-2-Hemmern, zu denen auch Vioxx gehört, das wegen der Risiken sogar vom Markt genommen wurde. Diclofenac jedoch soll weiterhin verschreibungsfähig sein, da nach Ansicht der EMA die Vorteile die Risiken überwiegen. Auch wird keine Kontraindikation für Patienten mit Herzerkrankungen ausgesprochen. Allerdings werden die Fachinformationen künftig deutlich auf das Risiko hinweisen, das vor allem beim Einsatz einer hohen Tagesdosis ab 150 Milligramm besteht.
Nun müssen die Zulassungsbehörden der einzelnen EU-Mitgliedstaaten über den Vorschlag entscheiden. Neben Diclofenac hat die EMA auch zu den Wirkstoffen Codein und Flurpirtin neue Bewertungen abgegeben. Für das Schmerzmittel Codein, das häufig auch als Hustenstiller eingesetzt wird, ist schon länger eine atemdepressorische Wirkung bekannt. Das Risiko besteht vor allem bei Patienten, die genetisch so veranlagt sind, dass bei ihnen die Umwandlung zum Codein-Metaboliten Morphin sehr schnell erfolgt. Bei diesen „Ultra-rapid“-Metabolisierern kann eine einmalige Gabe von Codein bereits zu toxischen Morphin-Spiegeln im Blut führen.
Kontraindikation für Codein
Da diese Gefahr besonders bei Kindern besteht, soll Codein bei ihnen nur noch in bestimmten Situationen eingesetzt werden. Problematisch ist die Gabe vor allem nach Operationen wie einer Entfernung der Mandeln, bei der im Rahmen der Anästhesie noch weitere Opiate verabreicht werden. Codein wird daher zukünftig bei solchen Operationen im Kindesalter streng kontraindiziert sein. Bei anderen Kindern unter 12 Jahren sowie bei Erwachsenen, die zu den „Ultra-rapid“-Metabolisierern gehören, soll Codein künftig nur noch eingesetzt werden, wenn andere Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol keine Wirkung zeigen.
Das Analgetikum Flurpirtin wurde einer Risikobewertung unterzogen, da sich die Berichte über unerwünschte Nebenwirkungen gehäuft hatten. Dazu gehörten vor allem Leber- und Gallenwegserkrankungen, in einigen Fällen sogar mit tödlichem Ausgang. Da die Lebertoxizität aber nur bei längerfristiger Anwendung beobachtet wurde, darf Flurpirtin weiterhin zur Anwendung akuter Schmerzen verschrieben werden. Allerdings wird die Anwendungsdauer künftig streng auf zwei Wochen beschränkt werden.
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