Deutsche Leberstiftung warnt vor Pilzvergiftungen
Der Dauerregen in den vergangenen Wochen hat zu einem Wachstumsschub bei Pilzen geführt, obwohl die Hauptsaison für Pilze eigentlich erst im Herbst ist. Doch nicht nur Speisepilze gedeihen aktuell gut, auch Giftpilze wie der Knollenblätterpilz profitieren von durchfeuchteten Böden. Das hat bereits im Juli und August zu einem dramatischen Anstieg von Vergiftungsfällen geführt. So sind im August beispielsweise drei Kinder und ein Familienvater in Frankfurt am Main nach dem Verzehr eines Grünen Knollenblätterpilzes schwer erkrankt.
Der Hauptanteil der Vergiftungen durch Pilze verteilt sich nach Angabe des GIZ-Nord auf zwei Gruppen: zum einen kleine Kinder, die beim Spielen giftige Pilze entdecken und diese roh verzehren, zum anderen Erwachsene, die giftige mit essbaren Pilzen verwechseln. Die Deutsche Leberstiftung nimmt die aktuelle Situation zum Anlass, vor akutem Leberversagen durch selbst gesammelte Pilze zu warnen.
Knollenblätterpilz besonders gefährlich
Neben Kindern sind auch häufig Flüchtlinge und Menschen mit Migrationshintergrund von Pilzvergiftungen betroffen. Sie kennen in ihrer Heimat häufig andere Speisepilze und verwechseln diese mit den optisch ähnlichen, aber hochgiftigen Pilzen, die in Deutschland wachsen. Einer dieser gefährlichen Giftpilze, der in den letzten Jahren und auch schon in der Pilzsaison 2017 immer wieder von Flüchtlingen und Migranten mit einem essbaren Heimatpilz verwechselt wurde, ist der Grüne Knollenblätterpilz. Er gehört zu den giftigsten Pilzen in Deutschland.
„Wegen der zahlreichen Vergiftungsfälle in den vergangenen Jahren, bei denen Flüchtlinge den Knollenblätterpilz mit einem beliebten Speisepilz aus ihrer Heimat verwechselten, informiert das Giftinformationszentrum-Nord gemeinsam mit der Medizinischen Hochschule Hannover und dem Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung in neun verschiedenen Sprachen“, sagt Professor Andreas Schaper, einer der beiden Direktoren des GIZ-Nord. Aktuelle Knollenblätterpilz-Warn-Plakate sind auf der GIZ-Website abrufbar.
Für die lebensbedrohliche Wirkung des Knollenblätterpilzes sind sogenannte Amatoxine verantwortlich, vor allem das alpha-Amanitin. Das stark wirkende Gift ist massiv leberschädigend, und schon ein einzelner verspeister Pilz kann tödlich sein. In schweren Fällen kann nur noch eine Lebertransplantation helfen.
Nur bekannte Pilze sammeln
„Das Tückische an den hochgiftigen Knollenblätterpilzen ist neben der Ähnlichkeit zu essbaren Pilzen die Latenz“, so Schaper. „Die Vergiftungssymptome treten nicht sofort nach dem Verzehr auf, sondern erst nach einer Latenz von sechs bis maximal 24 Stunden. Der Klassiker ist, dass am Abend Giftpilze gegessen werden und erst am nächsten Morgen bekommt man Übelkeit, Erbrechen und Durchfall.“
„Bei Verdacht auf eine Pilzvergiftung sollte man sich sofort an das nächste Krankenhaus wenden oder den Notarzt rufen“, betont Professor Michael P. Manns, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberstiftung. Der Experte erklärt weiter: „Eine frühe Diagnose der Vergiftung und ein unverzüglicher Beginn der Behandlung sind für die Heilungsaussichten extrem wichtig. Nur so kann gewährleistet werden, dass auch eine eventuell notwendige Verlegung in ein Leber-Transplantationszentrum frühzeitig veranlasst wird. Das Leberversagen aufgrund der Vergiftung kann so akut verlaufen, dass Patienten innerhalb weniger Tage am Versagen der Leber versterben können. Dann ist die Lebertransplantation die einzig verbleibende Behandlungsmöglichkeit.“
Um die Diagnose zu erleichtern, sollten die Pilzreste und das Erbrochene aufgehoben und an den Arzt weitergegeben werden. Grundsätzlich raten Experten zudem, nur bekannte Pilze zu sammeln und zu essen oder im Zweifelsfall eine Pilzberatungsstelle aufsuchen.
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