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Depressionen: Nicht-invasive Hirnstimulation als neue Therapie-Option

Montag, 26. Oktober 2020 – Autor:
Neben den klassischen Behandlungen der Depression mit Psychotherapie und Medikamenten hat die nicht-invasive Hirnstimulation an Bedeutung gewonnen. Mittlerweile weiß man, welche Patienten gut drauf ansprechen könnten.
TMS, Transkranielle Magnetstimulation

Die transkranielle Magnetstimulation ist eine neue, nicht-invasive Methode, um Depressionen zu behandeln – Foto: ©rumruay - stock.adobe.com

Rund 4,1 Millionen Menschen leiden laut WHO in Deutschland an einer Depression - Tendenz steigend. Psychotherapeutische Verfahren und antidepressive Medikamente sind wirksame und etablierte Therapieformen.

Zunehmend gewinnt aber auch die nicht-invasive Hirnstimulation (NIBS) als Behandlungsoption bei Depressionen an Bedeutung. Das erklären Experten im Vorfeld der 64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung.

Magnetstimulation und Gleichstromstimulation

Ein NIBS-Verfahren ist die repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS), bei dem Nervenzellen in der Hirnrinde mittels Serien von sehr kurzen, aber starken Magnetfeldimpulsen stimuliert werden. Für die Behandlung von Depressionen wird die rTMS zur Stimulation frontaler, das heißt hinter der Stirn gelegener Hirnareale eingesetzt. Die Behandlung erfolgt mit 20 bis 30 Sitzungen über mehrere Wochen.

Eine weitere therapeutische Möglichkeit ist die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS). Hierbei wird über Elektroden auf der Kopfhaut für 20 bis 30 Minuten ein schwacher Gleichstrom angelegt, mit dem die Aktivierbarkeit von Nervenzellen verändert werden kann.

Nebenwirkungsarme Behandlungsverfahren

"Bei der TMS und tDCS handelt es sich um nebenwirkungsarme Behandlungsverfahren, die in jeder Arztpraxis, im Fall der tDCS sogar zu Hause, eingesetzt werden können", erklärt Professor Dr. Frank Padberg, Leiter der Sektion für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Ludwigs-Maximilians-Universität München.

Seine Arbeitsgruppe erforscht Möglichkeiten der individualisierten Behandlung bei Depressionspatienten - mit ersten Erfolgen. Warum spricht ein Patient auf eine antidepressive Therapie an, ein anderer hingegen nicht? Wie lässt sich vorhersagen, welches Antidepressivum bei welchem Patienten wirkt? Oder ob eine Hirnstimulation wirkungsvoller wäre?

Depressionen: Nicht-invasive Hirnstimulation neue Therapie-Option

Ziel der Forschung ist es, geeignete Bio-Marker zu finden, um vorhersagen zu können, welche Therapieform welchem Patienten am besten hilft und für wen die nicht-invasive Hirnstimulation in Frage kommt. Dazu gibt es erste Anhaltspunkte. So lassen sich Ausprägung und Verlaufsform von Depressionen mittels Magnetresonanztomografie (MRT) darstellen.

Die Münchner Arbeitsgruppe von Professor Padberg fand auf der Basis von MRT-Bildgebungsdaten heraus, dass ein Patient umso besser auf die Gleichstromstimulation anspricht, je größer das Volumen von grauer Substanz in bestimmten frontalen Hirnregionen ist.

Neue Wege zur Behandlung von Depressionen

Auch für die TMS liegen Studienergebnisse zur Vorhersage des Ansprechens aus MRT-Daten einer Bostoner Arbeitsgruppe vor. Schließlich ließ sich kürzlich das Ansprechen auf eine tDCS im Vergleich zu einem antidepressiven Medikament mittels statistischer Verfahren (so genannter Machine Learning Methoden) vorhersagen, die aus klinischen Daten errechnet werden.

"Die Verbindung von Biomarkern aus der Bildgebung, klinischen Daten und spezifischen Stimulationsansätzen eröffnet neue Wege in der Behandlung depressiver Erkrankungen, die sowohl mit Medikamenten als auch mit Psychotherapie individuell kombiniert werden können", ist sich Padberg sicher. Eine passgenaue Therapie würde die Leidenszeit deutlich verkürzen.

Foto: Adobe Stock/rumruay

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