Darmspiegelung: Nutzen größer als Risiko
Seit 2002 gehört die Darmspiegelung (Koloskopie) zum gesetzlichen Programm zur Krebsfrüherkennung. Versicherte haben ab dem 55. Lebensjahr einen Anspruch auf eine Darmspieglung, bei der schon Krebsvorstufen (Polypen) entdeckt und entfernt werden können. Insofern handelt es sich bei dieser Früherkennungsmethode um eine echte Krebsvorsorge. Aber selbst wenn sich schon ein Karzinom entwickelt hat, vergrößert die Früherkennung die Chancen auf Heilung deutlich.
Würden mehr Menschen die Vorsorgeuntersuchung wahrnehmen, ließen sich nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) jedes Jahr rund die Hälfte aller Darmkrebs-Neuerkrankungen und Sterbefälle vermeiden. Allerdings nimmt nur jeder fünfte der Berechtigten die Vorsorge-Untersuchung wahr. Mögliche Gründe für diese Zurückhaltung sind die Angst vor einem bösartigen Befund, aber auch die Angst vor Komplikationen, die mit der Untersuchung verbunden sein können.
Nur jeder fünfte Berechtige geht zur Darmkrebsfrüherkennung
Jetzt hat eine Studie des DKFZ gezeigt, dass die Komplikationsrate bei Darmspiegelungen gering ist. Von 10.000 Darmspiegelungen kam es nur in fünf Fällen zu einer Darmblutung, die eine Krankenhauseinweisung erforderte. Verletzungen der Darmwand waren nach DKFZ-Angaben ebenfalls sehr selten und traten mit einer Häufigkeit von weniger als einmal pro tausend Untersuchungen auf. Todesfälle und nicht-lokale Komplikationen wie Schlaganfälle oder Herzinfarkte kamen in der Koloskopiegruppe nicht häufiger vor als bei den Kontrollen.
Professor Hermann Brenner vom DKFZ sieht in den Ergebnissen der Studie belegt, dass der Nutzen das Risiko überwiegt und hält die Komplikationsrate für vertretbar. „Zu den seltenen ernsthaften lokalen Komplikationen kommt es zumeist nur dann, wenn bei der Untersuchung ein großer Polyp entdeckt und abgetragen wird“, sagt Hermann Brenner. „Gerade in solchen Fällen profitieren die Patienten jedoch ganz besonders von der Darmspiegelung – die ihnen möglicherweise das Leben gerettet hat.“
65.000 Menschen erkranken jedes Jahr an Darmkrebs
Brenner und sein Kollege Christian Stock vom DKFZ hatten für die Studie Daten von über 33.000 AOK-Versicherten ausgewertet, die sich zwischen 2001 und 2008 einer ambulanten Darmspiegelung unterzogen hatten. Sie verglichen die Daten mit einer ebenso großen Kontrollgruppe, die die die Früherkennung nicht wahrgenommen hatten. In der Analyse wurden die Häufigkeit von ernsthaften Ereignissen wie Darmwandverletzungen, Darmblutungen, die eine Krankenhauseinweisung erforderten, Herzinfarkt und Schlaganfall sowie auch die Sterblichkeit betrachtet. Um eventuelle Spätfolgen zu erfassen, werteten die Forscher einen Zeitraum von 30 Tagen nach der Darmspiegelung aus.
„Bei einer Untersuchung, die großen Teilen der Bevölkerung angeboten wird, ist die Sicherheitsfrage natürlich von zentraler Bedeutung. Entsprechend wichtig ist es, dass Ärzte über die Risiken einer Komplikation genau Bescheid wissen“, sagt Professor Hermann Brenner. „Nur so können sie mit ihren Patienten fundiert die Chancen und Risiken einer Darmspiegelung bewerten.“
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