
Wie gut eine Corona-Impfung tatsächlich schützt, hängt nicht nur von der Art und Qualität des Impfstoffs ab, sondern auch von der Immunantwort des Einzelnen. – Foto: AdobeStock/Bikej Barakus
Impfdurchbrüche – also eine Covid-19-Infektion trotz komplett absolvierter Impfung – sind inzwischen an der Tagesordnung. Das liegt weniger daran, dass die Impfstoffe nichts taugten, sondern daran, dass der Mensch keine Maschine ist, sondern ein Individuum. Die einzelnen Komponenten des Immunsystems reagieren bei jedem Einzelnen anders auf die Impfung: anders gut – oder anders schlecht. Das zeigt eine große Impfstudie der Universität Duisburg-Essen. Die beruhigende Nachricht ist: Die Impfung inklusive des „Boosters“ zur Verstärkung verhindert schwere Krankheitsverläufe und führt dazu, dass die meisten Erkrankten Covid-19 wie eine bloße Erkältung erleben.
Großstudie an 2.500 Beschäftigen der Universitätsmedizin Essen
„Die Impfung gegen das Sars-CoV-2-Virus schützt vor Covid-19. Wie gut, hängt aber von der Stärke der Antikörperantwort ab, die der Körper gegen das Virus entwickelt – und das ist von Mensch zu Mensch verschieden“, heißt es in einer Mitteilung der Universität Duisburg-Essen. Die Universität führt seit einem Jahr eine Großstudie am Personal der Universitätsmedizin Essen durch. Seit Frühjahr 2021 wurden dort 2.500 Beschäftigte regelmäßig untersucht.
Es wurden regelmäßig nach der Erst-, Zweit-, und Drittimpfung Blutproben entnommen und die Menge der Antikörper gegen das Sars-CoV-2-Virus bestimmt, der sogenannte Antikörpertiter. Der Antikörpertiter gilt als Maß für die Antikörperkonzentration und damit als Indikator für Impfschutz und Abwehrkraft. Die Studienteilnehmer beantworteten zusätzlich Fragen zu ihrem Gesundheitszustand und ob Corona-Infektionen trotz Impfung auftraten.
Bei allen Infizierten verlief Covid „milde wie eine Erkältung“
Das Forschungsteam hat erste Ergebnisse der Studie jetzt in der renommierten Fachzeitschrift „Frontiers in Immunology“ publiziert. Hier zeigt sich: Im Zeitraum von Ende November 2021 bis Anfang März 2022 infizierten sich trotz Booster-Impfung 102 Personen (oder 7 Prozent der Probanden) mit der Sars-CoV-2 Omikron-Variante. Die meisten Infektionen erfolgten im privaten Umfeld und nicht am Arbeitsplatz im Krankenhaus. „Das Gute an der Nachricht ist, dass bei allen Infizierten die Erkrankung nur kurz dauerte und milde verlief, ähnlich wie bei einer Erkältung“, sagt Winfried Siffert, der Leiter des Instituts für Pharmakogenetik in Essen. „Niemand musste im Krankenhaus behandelt werden. Wir sehen also bestätigt, dass man nach Booster-Impfung trotz Infektion vor einem schweren Verlauf geschützt ist.“
Krank trotz Impfung: Weniger Antikörper, schlechtere Abwehrkraft
Die Essener Forscher gingen verschiedenen möglichen Ursachen für Durchbruchsinfektionen nach. „Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen oder ähnliches haben hier keine Rolle gespielt“, sagt Ulf Dittmer, der Leiter des Instituts für Virologie. „Allerdings hatten Infizierte im Vergleich zu Nicht-Infizierten niedrigere Antikörpertiter, haben also schlechter auf die Impfung angesprochen – warum ist Gegenstand weiterer Untersuchungen.“ Bei Infizierten zeigte sich anhand bestimmter Parameter des Immunsystems, dass die gewünschte Immunantwort nach den drei Corona-Impfungen offenbar nicht optimal ausgefallen ist.
Auch die sogenannte Neutralisierungsfähigkeit der Antikörper wurde im Rahmen der Studie untersucht. Sie misst, wie gut die Antikörper das Virus binden und es an der Infektion von Zellen hindern können. Hier fiel ein weiterer Unterschied auf: Das Blutserum von Infizierten konnte die Virusvariante Omikron deutlich schlechter neutralisieren, als dies bei Nicht-Infizierten der Fall war. Die Ursache dafür liegt der Studie zufolge neben der geringeren Antikörperzahl vermutlich in der Beschaffenheit der Antikörper.