Bundesärztekammer distanziert sich von Montgomery

Der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebundes Frank Ulrich Montgomery ist in der Pandemie schon öfter mit unqualifizierten Äußerungen aufgefallen. Diese Woche würdigte er Richter als „kleine Richterlein“ herab, weil ihm ein Urteil nicht passt
Die Bundesärztekammer (BÄK) hat sich von Weltärztebund-Chef Frank Ulrich Montgomery und dessen Äußerungen in Zusammenhang Gerichtsurteilen zu den Corona-Regeln ausdrücklich distanziert. Als Vertreterin der Ärztinnen und Ärzte in Deutschland verwahre sich die Bundesärztekammer ausdrücklich „gegen eine Herabwürdigung der Arbeit von unabhängigen Richterinnen und Richtern in Deutschland“, heißt es in einer Mitteilung des BÄK-Präsidiums.
Montgomery hatte der „Welt“ in einem Interview am 27. Dezember gesagt: „Ich stoße mich daran, dass kleine Richterlein sich hinstellen und wie gerade in Niedersachsen 2G im Einzelhandel kippen, weil sie es nicht für verhältnismäßig halten.“ Da maße sich ein Gericht an, etwas, das sich wissenschaftliche und politische Gremien mühsam abgerungen hätten, mit Verweis auf die Verhältnismäßigkeit zu verwerfen. „Da habe ich große Probleme“, betonte der Vorsitzende des Weltärztebunds.
Montgomery spricht nicht für die Ärzte in Deutschland
Die Bundesärztekammer stellte als Mitglied des Weltärztebundes klar, dass Montgomery keineswegs von der deutschen Ärzteschaft mandatiert sei, den gesundheitspolitischen Meinungs- und Willensbildungsprozess in Deutschland zu kommentieren und so den Eindruck zu erwecken, für die Ärztinnen und Ärzte in Deutschland zu sprechen. „Ebenso wenig ist er von der deutschen Ärzteschaft legitimiert, einzelne Regelungen der Länderparlamente, des Bundestages oder der Bundesregierung zu kommentieren bzw. das Rechtsstaatsprinzip in Deutschland in Frage zu stellen“, heißt es weiter.
Bundesärztekammer verteidigt unabhängige Richter
Die Gewaltenteilung und insbesondere die Unabhängigkeit der Gerichte seien ein „tragendes Prinzip unseres Rechtsstaates. Gerade in gesellschaftlichen Krisenzeiten wie diesen sei die Überprüfung exekutiver Maßnahmen auf ihre Verhältnismäßigkeit durch unabhängige Gerichte wichtiger denn je. „Die Ausübung dieser Kontrollfunktion ist mithin keine Anmaßung von Richterinnen und Richtern, wie dies jüngst der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebundes, Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, behauptet hat, sondern schützenswertes Fundament der Gewaltenteilung in Deutschland“, so die Bundesärztekammer.
Das Präsidium der Bundesärztekammer distanziere sich ausdrücklich von der durch Herrn Montgomery zum Ausdruck gebrachten Kritik an den Urteilen der Oberverwaltungsgerichte, „sowohl im Inhalt wie auch im Stil.“
Zuvor hatte der Bund Deutscher Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen die Äußerungen von Montgomery kritisiert. Diese seien "in der Sache unqualifiziert und im Ton unangemessen". Im Ton ließen die Ausführungen Montgomerys den gebotenen Respekt vor gerichtlichen Entscheidungen und den Menschen vermissen, die sie zu treffen hätten.
Montgomery verteidigt seine Äußerungen
In einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk legte Montgomery nun nach. Die Formulierung "kleine Richterlein" sei sehr provokant gewesen, gab er zu, aber er habe als Arzt auch schon einige böse Formulierungen einstecken müssen. Im Moment breche deshalb der "heilige Zorn der deutschen Richterschaft und der deutschen Juristen" über ihn herein, beklagte Montgomery.
Zur Sache selbst sagte der Mediziner: "Ich glaube, dass sich auch die Richter bei ihrer Unabhängigkeit ihrer Verantwortung bewusst sein müssen.“ Ihm, Montgomery, gehe es darum, zu einer bundeseinheitlichen Linie zu kommen. Er sei aber sehr für das Prinzip der Gewaltenteilung. Auch dürften Gerichte Verhältnismäßigkeiten von Maßnahmen überprüfen. Es sei aber schwierig, langwierig zustande gekommene Entscheidungen "so eben in einem Eilverfahren" aufzuheben. Zudem dürfe man nicht vergessen, dass es auch unter Richtern Impfgegner, Corona-Leugner und ähnliches gebe, rechtfertigte Montgomery seine Kritik an den Richtern.