Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Blutdrucksenker können alten Menschen mehr schaden als nutzen

Montag, 2. Juli 2018 – Autor:
Blutdrucksenkende Mittel können sehr alten und gebrechlichen Menschen zum Verhängnis werden. Nach einer aktuellen Studie aus den Niederlanden fördern sie den Gedächtnisabbau und erhöhen sogar das Sterberisiko.
Blutdrucksenker, alte Menschen

Bei sehr alten, multimorbiden Menschen sollte der Blutdruck nicht so stark mit Medikamenten gesenkt werden. Das legt eine Studie aus den Niederlanden nahe

Hoher Blutdruck ist schädlich und eine Gesundheitsgefahr. Darum nehmen Millionen Menschen täglich blutdrucksenkende Medikamente. Der protektiver Effekt dieser Mittel wurde durch etliche Studien belegt, doch noch nie an einer Zielgruppe getestet: Sehr alte und gebrechliche Menschen, die mehrere Krankheiten haben und mehrere Medikamente einnehmen, sind von den einschlägigen Arzneimitelstudien ausgeschlossen. Dabei sind über 80-jährige die am stärksten wachsende Patientengruppe in den Industrienationen. Und diejenigen, die überproportional häufig Blutdrucksenker einnehmen.

Studie mit hochbetagten und multimorbiden Patienten

Nun haben Wissenschaftler der Universität Bern und der Universität Leiden genau diese Patientengruppe ins Visier genommen und einen bemerkenswerten Fund gemacht: Blutdrucksenkende Medikamente fördern den Gedächtnisabbau und erhöhen sogar das Sterberisiko.

Die Studie schloss alle Bewohner der niederländischen Stadt Leiden ab 85 Jahren ein, also auch solche, die in Pflegheimen leben, multimorbide sind oder an Demenz leiden. Die Forscher konnten bei den knapp 600 untersuchten Personen nachweisen, dass die Gesamtsterblichkeit und der kognitive Abfall höher waren, je tiefer der Blutdruck durch Blutdruckmedikamente gesenkt wurde. Dieser Zusammenhang bestand nur bei Menschen, die Blutdrucksenker einnahmen, und besonders bei denjenigen, die gebrechlich waren.

Therapie nicht nach Leitlinie, sondern nach Augenmaß

Wie die Forscher im Fachmagazin «Age and Ageing» berichten, werden damit Hinweise aus verschiedenen Beobachtungsstudien bestätigt und gleichzeitig die geltenden Blutdruckrichtlinien in Frage gestellt. Und: „Bei Hausärzten setzte sich bereits im Vorfeld immer mehr die Überzeugung durch, speziell bei gebrechlichen Patienten eine zusätzliche blutdrucksenkende Therapie nur nach individueller Abschätzung von Nutzen und Risiko zu empfehlen», sagt Studienleiter Sven Streit vom Institut für Hausarztmedizin der Universität Bern (BIHAM). „Nun konnten wir belegen, dass sie damit richtig lagen – entgegen den offiziellen Empfehlungen.“

Foto: pixabay

Hauptkategorien: Medizin , Demografischer Wandel
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Bluthochdruck , Arzneimittel , Alter

Weitere Nachrichten zum Thema Bluthochdruck

07.03.2015

Manche Ärzte sehen einen systolischen Blutdruck zwischen 140 und 150 mmHg noch nicht als allzu problematisch an. Doch wenn zu spät mit einer Behandlung der Hypertonie begonnen wird, steigt das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen deutlich, wie eine neue Studie nun beweist.

Aktuelle Nachrichten

Mehr zum Thema
Bluthochdruck ist immer behandlungsbedürftig, auch milde Formen und der Altershochdruck, die so genannte isolierte systolische Hypertonie. Das sagt der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Hochdruckliga Prof. Dr. Martin Hausberg. Warum eine Änderung des Lebensstils oft schon ausreicht, erklärt der Bluthochdruck-Experte anlässlich des Welt-Hypertonietags am 17. Mai.
Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin