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Blasenkrebs: Strahlentherapie statt Radikaloperation

Freitag, 6. Mai 2016 – Autor:
Eine Strahlentherapie ist bei einem muskelinvasiven Blasenkrebs eine Alternative zur Radikaloperation, bei der die Harnblase entfernt wird. Diese Therapie komme hierzulande zu selten zum Einsatz, kritisiert die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO).
Urintest

Der Arzt macht bei Verdacht auf Blasenkrebs zunächst einen Urintest – Foto: Bjrn Wylezich - Fotolia

Die organerhaltende OP in Kombination mit einer Radiochemotherapie wird jetzt auch von der führenden amerikanischen Krebsgesellschaft (ASCO) empfohlen, die damit einer Leitlinie europäischer Urologen folgt. Dadurch bleiben Patienten die Folgen einer Radikaloperation wie beispielsweise ein künstlicher Harnausgang erspart.

In Deutschland erkranken jährlich knapp 16.000 Menschen an Blasenkrebs. Bei drei Vierteln der Patienten beschränkt sich der Tumor auf die Schleimhaut. Diese Frühfälle haben gute Heilungsaussichten, denn diese Tumoren können fast immer durch eine Operation über die Harnröhre, eine transurethrale Resektion, entfernt werden. Dabei wird der Tumor mithilfe einer Elektroschlinge abgetragen.

Blasenkrebs: Strahlentherapie statt Radikaloperation

Ist der Tumor größer und bereits in die Blasenwand eingedrungen, ist die gängige Behandlung wesentlich invasiver: In der Regel entfernen die Ärzte die gesamte Blase, was die Lebensqualität der Patienten deutlich beeinträchtigt – denn es müssen entweder eine Ersatzblase oder ein künstlicher Harnausgang angelegt werden.

„Blasenkrebs gehört zu den strahlenempfindlichen Tumoren, sodass ein Verzicht auf eine Radikaloperation möglich ist“, sagt Prof. Jürgen Dunst, Direktor der Klinik für Strahlentherapie an der Universität Kiel und Mitglied im DEGRO-Vorstand. „Diese alternative Möglichkeit, den Tumor organerhaltend zu operieren und dann zu bestrahlen, wird in Deutschland leider noch viel zu selten genutzt“, ergänzt Professor Dunst.

Strahlentherapie wird mit schwacher Chemotherapie kombiniert

Organerhaltende Operationen sind bei anderen Krebserkrankungen wie etwa bei Brustkrebs, Kehlkopfkrebs oder Prostatakrebs seit Längerem üblich. Prof. Dunst ist überzeugt, dass die organerhaltende Behandlung in Kombination mit Bestrahlung auch beim Blasenkrebs gleich gute Ergebnisse erzielt wie die radikale Operation.

„Zwar sind beide Verfahren bisher nicht in sogenannten randomisierten Studien direkt miteinander verglichen worden. Es gibt aber keinen Hinweis darauf, dass die Radikaloperation besser sein könnte“, so der Experte. Um die Strahlenwirkung bei großen Tumoren zu verbessern, kombinieren die Ärzte die Behandlung mit einer schwachen Chemotherapie.

Professor Dunst: „Bei der Radiochemotherapie wird dazu meistens am Beginn und am Ende der Bestrahlung für einige Tage ein Medikament per Infusion verabreicht.“ Der DEGRO-Experte ist überzeugt, dass durch diese Behandlung auf eine Radikaloperation verzichtet werden kann.

Blasenkrebs: Drei von vier Patenten könnten eigene Blase behalten

Die Strahlentherapie dauert bei Blasenkrebs etwa sechs Wochen. Es wird jeden Tag an allen Werktagen bestrahlt. Pro Tag dauert eine Bestrahlungssitzung etwa zehn Minuten. Die Therapie ist ambulant möglich. In der Klinik werden die Patienten in der Regel nur behandelt, wenn sie gleichzeitig eine Chemotherapie erhalten. Auch die Verträglichkeit der Strahlentherapie ist heutzutage nach Angaben der DEGRO gut. Gegen Ende der Therapie treten oft vorübergehende leichte Blasen- und Darmreizungen auf. „Schwerwiegende Komplikationen sind aber selten“, versichert Prof. Dunst: „Deshalb ist die Strahlentherapie gerade auch bei älteren Patienten mit hohem Operationsrisiko die beste Therapie.“

Durch die Kombination von organerhaltender Operation plus Radiochemotherapie können drei von vier Patienten ihre eigene Blase mit normaler Blasenfunktion behalten, meint auch Prof. Frederik Wenz, Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Mannheim.

Foto: Björn Wylezich

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