Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Antibiotikum in der menschlichen Nase entdeckt

Montag, 1. August 2016 – Autor:
Im menschlichen Körper schlummert ein potentieller Lebensretter: Ein Bakterium aus der menschlichen Nase erzeugt ein Antibiotikum gegen multiresistente Erreger. Das fanden Tübinger Forscher heraus.
Krankenhauskeime

Gegen antibiotikaresistente Keime wirkt ein Antibiotikum, das in der menschlichen Nase entdeckt wurde – Foto: Leigh Prather - Fotolia

Wissenschaftler der Universität Tübingen und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) entdeckten, dass das in der menschlichen Nase siedelnde Bakterium Staphylococcus lugdunensis einen bisher unbekannten antibiotischen Wirkstoff produziert. Wie Versuche an Mäusen ergaben, ist der „Lugdunin“ getaufte Wirkstoff in der Lage, selbst multiresistente Erreger zu bekämpfen, bei denen viele klassische Antibiotika mittlerweile wirkungslos sind.

Infektionen durch Antibiotika-resistente Bakterien – wie der auf der Haut siedelnde Erreger Staphylococcus aureus (MRSA) – gehören zu den häufigsten Todesursachen weltweit. Der natürliche Lebensraum der bedrohlichen Staphylokokken ist in der Regel die menschliche Nasenhöhle. Bei Experimenten war Wissenschaftlern der Arbeitsgruppe von Dr. Bernhard Krismer und Prof. Andreas Peschel vom Interfakultären Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin Tübingen (IMIT) aufgefallen, dass Staphylococcus aureus nur selten zu finden ist, wenn das Bakterium Staphylococcus lugdunensis ebenfalls in der Nase lebt.

Antibiotikum in der menschlichen Nase entdeckt

„Normalerweise werden Antibiotika nur von Bodenbakterien und Pilzen gebildet“, sagte Prof. Peschel. „Dass auch die menschliche Mikroflora eine Quelle für antimikrobielle Wirkstoffe sein kann, ist eine neue Erkenntnis.“ Nun soll untersucht werden, ob „Lugdunin“ therapeutische Anwendung finden könnte. Denkbar wäre, Risikopatienten mit harmlosen „Lugdunin“-bildenden Bakterien zu besiedeln, um so das Risiko von MRSA-Infektionen vorbeugend zu senken.

Forscher vom Tübinger Institut für Organische Chemie untersuchten die Struktur von „Lugdunin“ näher und fanden dabei heraus, dass es aus einer bisher unbekannten Ringstruktur von Aminosäurebausteinen besteht und somit eine neue Stoffklasse begründet.

Lugdunin wirkt auch gegen antibiotikaresistente Bakterien

Antibiotika-Resistenzen stellen Ärzte vor ein zunehmendes Problem. „Es gibt Schätzungen, dass in den kommenden Jahrzehnten mehr Menschen durch resistente Keime als an Krebs sterben werden“, sagte Dr. Bernhard Krismer. Die unsachgemäße Nutzung von Antibiotika verstärke die bedenkliche Entwicklung, so Krismer weiter. Da viele der Erreger Teil der menschlichen Mikroflora auf Haut und Schleimhäuten sind, können Menschen ihnen nicht aus dem Weg gehen. Besonders für Patienten mit ernsten Grunderkrankungen und einem geschwächten Immunsystem stellen sie ein hohes Risiko dar; bei ihnen haben die Erreger leichtes Spiel.

Die Erkenntnisse der Tübinger Wissenschaftler eröffnen nun neue Möglichkeiten, um nachhaltige Strategien zur Infektionsvermeidung zu entwickeln und neuartige Antibiotika zu finden – auch im menschlichen Körper. Die entsprechende Studie wurde im Wissenschaftsjournal Nature veröffentlicht.

Foto: Leigh Prather/Fotolia.com

Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Antibiotika , Antibiotikaresistenzen

Weitere Nachrichten zum Thema Antibiotikaresistenzen

Aktuelle Nachrichten

Mehr zum Thema
Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin