Anklage gegen Göttinger Transplantationsmediziner erhoben
Schwere Vorwürfe erhebt die Braunschweiger Staatsanwaltschaft gegen den den ehemaligen Leiter der Göttinger Transplantationschirurgie. Der Göttinger Arzt soll Krankendaten seiner Patienten manipuliert haben, so dass sie auf dem Papier kränker erschienen als sie in Wirklichkeit waren. So sollen sie schneller eine Spender-Leber erhalten haben, als ihnen zustand. Diese Manipulationen wertet die Staatsanwaltschaft als versuchten Totschlag. „Wir gehen davon aus, dass der Beschuldigte Patienten bevorzugt mit Spenderorganen versorgt hat. Das heißt: Andere Patienten in anderen Kliniken, denen es in Wahrheit sehr viel schlechter ging, haben ihr Spenderorgan nicht erhalten und sind dadurch möglicherweise verstorben“, erklärte der Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe dem Politikmagazin "Panorama 3" im NDR Fernsehen. Dieses habe der Beschuldigte offenbar gewusst und billigend in Kauf genommen.
Der Fall ist juristisches Neuland
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig rechnet mit einem aufwändigen und langwierigen Verfahren. „Wir betreten hier natürlich rechtlich gewisses Neuland", sagte Oberstaatsanwalt Ziehe "Panorama 3". „Es gibt keinen Fall, bei dem die Problematik, ob eine solche Manipulation ein versuchter Totschlag ist, jemals entschieden worden wäre."
Strafrechtsexperten bezweifeln allerdings, ob bei derartigen Manipulationen ein Totschlag überhaupt nachzuweisen ist. „Diese Wartelisten ändern sich ständig, sind von vielen Faktoren abhängig", erklärte Prof. Hans Kudlich, Strafrechtler an der Universität Erlangen, gegenüber "Panorama 3". "Da kann es im Einzelfall sehr schwierig sein zu sagen: Weil hier eine bestimmte Person nach vorne gerutscht ist, ist gerade eine andere Person verstorben." Selbst bei einem versuchten Totschlag sei das schwierig.
Die Staatsanwaltschaft ist unterdessen zuversichtlich, dass ihre Anklage Aussicht auf Erfolg hat. Schließlich habe das Oberlandesgericht im März "unsere Überzeugung eines dringenden Tatverdachts des versuchten Totschlags im Rahmen der Haftprüfung bestätigt", meinte Oberstaatsanwalt Ziehe. Der Arzt sitzt seit Januar wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft.
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