Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Angststörungen lassen sich zunächst mit Online-Therapie behandeln

Montag, 14. Juni 2021 – Autor:
Patienten mit Angststörung können zunächst mit einer Online-Therapie behandelt werden, solange sie auf einen Psychotherapie-Platz warten. Das besagt die neue S3-Leitline.
Angststörungen lassen sich übergangsweise auch online therapieren

– Foto: Adobe Stock/antonioguillem

Panikattacken, ständige Besorgtheit ohne triftigen Grund, Furcht vor der Ablehnung durch andere Menschen: Angststörungen führen die Rangliste der häufigsten psychischen Erkrankungen noch vor Depressionen an.

Die neue Fassung der S3-Leitlinie zur Therapie und Diagnostik von Angststörungen sieht nun erstmals vor, eine Online-Therapie als Überbrückung bis zum Beginn einer Psychotherapie oder als therapiebegleitende Maßnahme anzubieten.

Bis zu 14 Prozent leiden an einer Angststörung

Das berichten Experten im Vorfeld des Deutschen Kongresses für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Bis zu 14 Prozent der deutschen Bevölkerung sind an einer behandlungsbedürftigen Angststörung erkrankt, jeder Vierte leidet mindestens einmal im Leben darunter. Zu den wichtigsten Formen gehören die Panikstörung mit oder ohne Agoraphobie, die generalisierte Angststörung, die soziale Angststörung und spezifische Phobien wie etwa die Angst vor Spritzen.

29 Fachverbände und Organisationen aus den Bereichen Psychotherapie, Psychologie, Psychosomatische Medizin, Psychiatrie, Allgemeinmedizin sowie Patientenvertreter und Selbsthilfeorganisationen haben nun die bisherige Behandlungs-Leitlinie überarbeitet.

"Dafür wurden neu erschienene Publikationen recherchiert und internationale Leitlinien ausgewertet", erläutert Kongresspräsident Prof. Volker Köllner, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Abteilung Psychosomatik, Reha-Zentrum Seehof sowie Leiter der Forschungsgruppe Psychosomatische Rehabilitation an der Charité - Universitätsmedizin Berlin. 

Wirksam: Verhaltenstherapie und Medikamente

Für die kognitive Verhaltenstherapie und die Medikamenten-Therapie liegen weiterhin die meisten positiven Studienbefunde vor. "Diese beiden Therapien stehen als Empfehlungen an erster Stelle", erklärt Prof. Borwin Bandelow von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Göttingen, der an der Leitlinienerstellung federführend beteiligt war.

"Eine psychodynamische Therapie soll angeboten werden, wenn eine kognitive Verhaltenstherapie sich nicht als wirksam erwiesen hat, nicht verfügbar ist oder eine diesbezügliche Präferenz des informierten Patienten besteht", fügt der Angstforscher hinzu. Die psychodynamische Therapie konzentriert sich auf unbewusste Konflikte, die bearbeitet und aufgelöst werden sollen. 

Angststörungen zunächst mit Online-Therapie behandeln

Neu ist, dass künftig auch Online-Therapien angeboten werden können. Das erläutert Leitlinien-Koordinator Prof. Manfred Beutel, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Mainz. "Solche Online-Programme lassen sich niedrigschwellig von zuhause durchführen, sind gut erreichbar und flexibel anwendbar."

Dabei absolvieren Betroffene strukturierte Selbsthilfe-Programme, die meist verhaltenstherapeutische Anleitungen zur Bewältigung der Störung geben, oder die Patienten verfassen Blogs, die Therapeuten kommentieren. Ein persönlicher Kontakt mit einem Therapeuten findet nicht statt. Die Online-Therapien sind aber ausdrücklich nur zur Überbrückung bis zum Beginn einer Psychotherapie oder als therapiebegleitende Maßnahme gedacht.

Systemische Therapie bei sozialer Phobie

Weitere Neuerungen der Leitlinie: Die Experten empfehlen eine systemische Therapie bei sozialer Phobie, wenn weder kognitive Verhaltenstherapie noch psychodynamische Behandlung wirksam oder verfügbar sind. Zentrales Konzept der systemischen Therapie ist es, Probleme nicht als Störung eines einzelnen Menschen zu begreifen, sondern als Folge einer Störung im sozialen Umfeld des Individuums. Auch die Möglichkeit, sich bei einer sozialen Phobie in einer virtuellen Realität seinen Ängsten zu stellen, wurde jetzt als Ergänzung zur Standardtherapie empfohlen.

Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Angst , Psychotherapeuten

Weitere Nachrichten zum Thema Angststörungen

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin