Wie weiter mit der Versorgungsqualität bei Inkontinenz?
Im Vorfeld der Beratung hat ein Bündnis von Verbandsvertretern der Patienten, Ärzte, Pfleger und Unternehmen scharfe Kritik an den Entwicklungen für Betroffene von Harninkontinenz, Blasenschwäche, Stuhlinkontinenz geübt. Die Versorgung mit Hilfsmitteln wie etwa Blasenkatheter und Vorlage hat sich demnach in den letzten Jahren immer weiter verschlechtert.
„Wir erleben, dass es für die Menschen immer schwieriger und belastender wird, um die Hilfsmittel zu kämpfen. Die Produkte sind da, doch man bekommt sie ohne Aufzahlung nicht mehr“, sagt Ilona Schlegel von der Patientenorganisation Aktiv Leben mit Spina Bifida und Hydrocephalus (ASBH). Der Pflegevertreter Werner Droste von der Fachgesellschaft Stoma, Inkontinenz und Wunde (FgSKW) kritisiert: „Es geht nur darum über das Medium der Ausschreibung Kosten zu reduzieren, um nichts anderes.“
Patientenbedürfnisse bei Inkontinenz und Stoma beachten
In einem gemeinsamen Positionspapier fordern sie, dass die Stoma- und Inkontinenzversorgung von der Ausschreibungspraxis der Krankenkassen ausgenommen und stattdessen vertraglich geregelt wird. Das Positionspapier wurde zusammen mit dem Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) und dem ärztlichen Arbeitskreis Neuro-Urologie der Deutschsprachigen Medizinischen Gesellschaft für Paraplegie (AKNU) vorgelegt.
Dr. Jörn Bremer vom AKNU kritisiert, dass die aktuelle Inkontinenzversorgung in der Gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland sowohl an den individuell äußerst unterschiedlichen Patientenbedürfnissen als auch an den international in der Urologie anerkannten Definitionen von Inkontinenz vorbeigehe. Individuelle Einflussgrößen wie etwa die tägliche Trinkmenge, eine Blasen- oder Darmlähmung finden laut Bremer gar keinen Widerhall in der Versorgungspraxis durch die Krankenkassen.
Ärzte fordern individuelle Hilfsmittel-Versorgung
„Es kann nicht sein, dass letztendlich die Bereitstellung von Kathetermaterial und die Frequenz der Katheterisierung begrenzt ist“, kritisiert Bremer. Das sei ein „deutliches Gesundheitsrisiko“. Denn Studien würden zeigen, dass Entzündungen und die Bildung von Steinen häufiger auftreten, wenn zu wenig katheterisiert werde. Die Entscheidung über Auswahl und Anzahl der Katheter müsse letztlich beim Arzt liegen.
Der aktuelle Gesetzentwurf der Bundesregierung geht dem Bündnis nicht weit genug. Er sieht vor, dass die Krankenkassen bei ihren Ausschreibungen Qualitätsaspekte künftig verpflichtend berücksichtigen müssen und nicht allein nach dem Preis entscheiden dürfen. Klaus Grunau aus dem BVMed-Vorstand betrachtet diese Maßnahme als „Symptombekämpfung statt Ursachenbehebung“. Er fordert: „Wir brauchen keine Ausschreibungen, wir brauchen entweder Festbeträge oder Verhandlungsverträge mit Beitrittsrecht.“
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