Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Warum Patienten in die Notaufnahme statt in die Arztpraxis gehen

Dienstag, 13. Dezember 2016 – Autor:
Immer häufiger suchen Menschen, die keinen notfallmedizinischen Bedarf haben, Rettungsstellen auf. Das bringt die Notaufnahmen an ihre Grenzen. Forscher der Charité-Universitätsmedizin Berlin fragten die Patienten nach ihren Gründen.
Notaufnahme

Städter nutzen die Notaufnahme auch als Ersatz für einen Hausarzt

Ob Blasenentzündung oder Zeckenbiss – mindestens ein Drittel der Notaufnahmepatienten könnten mit ihrem medizinischen Anliegen durch niedergelassene Fach- oder Hausärzte versorgt werden, heißt es weiter in einer Mitteilung der Charité.

„Die Patienten nehmen die Rettungsstelle als eigenständigen Anlaufpunkt medizinischer Versorgung wahr. Interessant dabei war, das sich die Motive der Patienten aus ländlichen und städtischen Gegenden nur geringfügig unterscheiden“, erklärt Prof. Martin Möckel, Ärztlicher Leiter der Rettungsstellen am Campus Charité Mitte und am Campus Virchow-Klinikum.

Warum Patienten in die Notaufnahme statt in die Arztpraxis gehen

Die Beweggründe der Patienten waren schwer verfügbare Haus- und Facharzttermine, Zeitautonomie, die qualitativ hochwertige Versorgung sowie die Möglichkeit multidisziplinärer Untersuchungen während eines Aufenthalts. Darüber hinaus wurde auch die Empfehlung des niedergelassenen Arztes, eine Rettungsstelle aufzusuchen, angegeben.

Unterschied zwischen Stadt und Land: Die Befragten aus den ländlichen Regionen hatten alle hausärztliche Verbindungen, während in der Stadt einige die Notaufnahme als Ersatz für den Hausarzt beziehungsweise eine Arztpraxis nutzten.

Mehr Geld für Notfallmedizin gefordert

„Die strikte Trennung zwischen ambulanten und stationären Versorgungsangeboten ist nicht bedarfsgerecht ist und entspricht nicht der Lebenswirklichkeit der Patienten. Wenn wir die medizinische Qualität für Patienten aller Behandlungsbedürfnisse garantieren wollen, muss die Notfall- und Akutmedizin als eigener, dritter Sektor verstanden und dementsprechend finanziert werden“, folgert Prof. Möckel aus der Studie, die in der Fachzeitschrift BMJ erschien.

In den Rettungsstellen der Krankenhäuser binden die Bagatell-Fälle wichtige Ressourcen. Und der unkomplizierte Wespenstich, der in der Notaufnahme behandelt wird, ist für die Kliniken ein Minusgeschäft. Um das auszubalancieren, sieht das Krankenhausstrukturgesetz jetzt mehr Geld für die Rettungsstellen vor, auch um sie personell und qualitativ besser auszustatten.

Portal-Praxen können Patienten vorsortieren

Das kritisiert die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) als "Fehlsteuerung". Sie sieht den Grundsatz "ambulant vor stationär" verletzt. Das "ambulante Potenzial in der stationären Versorgung" müsse besser erschlossen werden, fordert Vorstand Dr. Andreas Gassen. Ein Ansatz sind Portalpraxen in den Rettungsstellen, die die Patienten nach Schweregrad vorsortieren.

Dazu zählt die Notfallambulanz am Unfallkrankenhaus Berlin-Marzahn, die von Klinik und Kassenärztlicher Vereinigung (KV) Berlin gemeinsam betrieben wird und in der auch Vertragsärzte beschäftigt sind. Patienten erhalten hier eine Ampelfarbe, die anzeigt, wie dringend die Behandlung ist. Auch in weiteren Berliner Krankenhäusern wurden in Kooperation mit der KV solche Praxen eingerichtet.

Die KVen betreiben bundesweit auch einen telefonischen, notärztlichen Bereitschaftsdienst, der aber nicht allen Patienten bekannt ist.

Foto: WoGi/fotolia.com

Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Notfallmedizin

Weitere Nachrichten zum Thema Rettungsstellen

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin