Therapieansatz bei Fehlgeburten erfüllt Erwartungen nicht
Bei knapp der Hälfte der Frauen, die wiederholt Fehlgeburten erleiden, ist die Ursache unklar. Sie können deshalb auch nicht gezielt behandelt werden. Forscher glaubten jetzt aber, einen Ansatz für eine Therapie gefunden zu haben. Denn es zeigte sich, dass Störungen der Blutgerinnung eine wichtige Rolle bei wiederholten Fehlgeburten spielen. Schwangere, die ein Thrombose-Risiko haben, werden deshalb oft mit gerinnungshemmendem niedermolekularem Heparin wie Dalteparin behandelt.
Doch eine Studie („Ethig II“) von Medizinern aus Deutschland und Österreich, die zwischen 2006 und 2013 mit 449 Schwangeren durchgeführt wurde, zeigt: Gerinnungshemmer haben keinen positiven Einfluss auf den Verlauf der Schwangerschaft, noch nicht einmal bei Schwangeren mit Thrombose-Risiko.
„Die tägliche Injektion von Dalteparin erhöht weder die Anzahl der anhaltenden Schwangerschaften noch der Lebendgeburten bei Frauen mit wiederholten Fehlgeburten“, fasst Prof. Ekkehard Schleußner, geschäftsführender Direktor der Klinik für Geburtshilfe und Frauenheilkunde am Universitätsklinikum Jena (UKJ) und medizinischer Leiter der Studie, die Hauptergebnisse zusammen. „Demnach widerlegt das Ergebnis dieser Studie bisherige Annahmen, die von einem positiven Einfluss des Medikaments ausgehen.“ Die Ergebnisse dieser Studie wurden in der renommierten Fachzeitschrift „Annals of Internal Medicine“ veröffentlicht.
Ziel: Fehlgeburten vermeiden
Untersucht wurde, welchen Einfluss niedermolekulare Gerinnungshemmer auf das Risiko wiederholter Fehlgeburten haben, und ob es Unterschiede in der Wirkungsweise bei Frauen mit und ohne Thromboserisiko gibt. Um diese Fragen zu beantworten, untersuchten Geburtsmediziner aus 14 Frauenkliniken und Praxen in Deutschland und Österreich die Wirksamkeit des gerinnungshemmenden Wirkstoffes Dalteparin zur Verringerung von wiederholten Fehlgeburten.
Die 449 schwangeren Probandinnen wurden in zwei Gruppen aufgeteilt. Während eine Hälfte der Teilnehmerinnen Dalteparin und ein Multivitamin-Präparat im Untersuchungs- und Behandlungszeitraum erhielt, nahmen die Schwangeren der Kontrollgruppe lediglich das in der Schwangerschaft empfohlene Multivitamin-Präparat ein.
Kein positiver Einfluss von Heparin
Die Erwartungen, die in die Studie gesetzt wurden, erfüllten sich nicht. „Aufgrund der Größe unserer Studie konnten wir auch untersuchen, ob bestimmte Gruppen von Frauen eventuell von Dalteparin profitieren könnten. Auch da gab es keinerlei Hinweise für eine erhöhte Geburtsrate“, erklärt Dr. David Petroff, Biometriker am Zentrum für Klinische Studien der Universität Leipzig, der die Ethig II-Studie statistisch auswertete. So konnte auch bei Patientinnen mit Gerinnungsstörungen kein Vorteil durch den Einsatz des gerinnungshemmenden Medikaments nachgewiesen werden.
Angesichts der Studienergebnisse zieht Professor Ekkehard Schleußner deshalb folgendes Fazit: „Es ist nicht zu empfehlen, Schwangere ohne Gerinnungsstörungen mit niedermolekularem Heparin zu behandeln.“
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