Studie bestätigt hohes Risiko für Infektion mit Krankenhauskeimen
Nach den tragischen Todesfällen von Neugeborenen in Bremen und Massenerkrankungen in Leipzig und Berlin sind Krankenhauskeime ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Nun haben Forscher aus Jena eine Langzeitstudie durchgeführt, um zu prüfen, wie groß das Risiko, sich an solchen Keimen anzustecken, tatsächlich ist. Nach Angaben des Universitätsklinikums in Jena ist diese Studie die erste dieser Art in Deutschland.
Bisher standen die bei diesem Thema angegeben Zahlen auf wissenschaftlich unsicheren Füßen und beruhten meist auf Schätzungen oder Stichproben. Nun haben Forscher des Uniklinikums Jena ein Jahr lang rund 38.000 Patienten systematisch auf Krankenhauskeime untersucht. Die Ergebnisse der Alerts-Studie bestätigen die bisherigen Expertenschätzungen. Demnach treten bei über drei Prozent aller in deutschen Kliniken behandelten Patienten Infektionen mit Krankenhauskeimen auf. Das sind mehr als 600.000 Menschen pro Jahr; etwa 15.000 sterben daran.
Problem Händedesinfektion
Oft sei es allerdings schwierig zu entscheiden, ob ein Patient tatsächlich an dem Keim oder an einer anderen Ursache gestorben ist, so Alerts-Koordinator Stefan Hagel. Zudem handelt es sich bei den Zahlen nur um ein Zwischenergebnis. Die Alerts-Studie soll im Frühsommer 2014 endgültig abgeschlossen sein.
Ein großes Problem ist nach wie vor die Händedesinfektion. „Es wird schon viel desinfiziert“, so Hagel, „aber oft zum falschen Zeitpunkt. Beispielweise bevor wir Patienten besuchen, dann betreten wir das Zimmer und fassen die Türklinke an.“ Auch Katheter seien besonders keimanfällig. „Bakterien überziehen das Plastik sehr schnell mit einem Biofilm, auf dem sie leben können“, erläutert Hagel. Es sei daher notwendig, aseptische Maßnahmen sowie die rechtzeitige Entfernung von Kathetern noch strenger als bisher zu prüfen.
Krankenhauskeime: Nicht jede Infektion ist vermeidbar
Allerdings ist nach Hagels Meinung auch nicht jede Infektion vermeidbar. Allein die Haut und der Darm des Menschen sind mit Millionen von Keimen besiedelt, die besonders bei einem geschwächten Immunsystem leichtes Spiel haben. Operationen oder Katheter erhöhen zusätzlich das Risiko einer Infektion. Zudem, so gibt Hagel Entwarnung, seien die meisten Keime gut behandelbar. „Das öffentliche Interesse wird größer, auch weil in der Publikumspresse viel Panik geschürt wird, aber die Zahlen geben keinen Anlass zur Panik.“
Dennoch hält Hagel mehr Wachsamkeit für sinnvoll. In den weiteren Phasen der Studie sollen nun Präventionsmaßnahmen getestet und danach erneut die Zahl der der Infektionsfälle geprüft werden. „Aber wir können das Rad auch nicht neu erfinden. Es gibt bereits eine Fülle von Empfehlungen“, sagt Hagel. „Nur das meiste lässt sich im Alltag nicht umsetzen. Wir versuchen deshalb zu zeigen, was unter Alltagsbedingungen machbar ist und die größte Wirkung erzielt.“
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