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Niere aus dem 3D-Drucker funktioniert

Donnerstag, 9. Juni 2016 – Autor:
Anthony Atala ist Direktor des Instituts für Regenerative Medizin an der Wake-Forest-Universität in North Carolina. Ihm und seinem Team gelang es jetzt, eine funktionsfähige Niere mit einem 3D-Drucker herzustellen. Das erzählte er zum Auftakt des Hauptstadtkongresses Medizin und Gesundheit in einem Interiew mit dem Berliner „Tagesspiegel“.
Niere

Forscher produzieren Organe mit einem 3-D-Drucker – Foto: benschonewille - Fotolia

Die Niere wurde vorerst im Tierversuch getestet: Sie produzierte Urin. Allerdings war das gedruckte Organ nur so groß wie eine Zitrone, „für einen Menschen müsste es so groß sein wie eine Pampelmuse“, führte der Mediziner im Gespräch mit den Tagesspiegel-Autoren weiter aus.

Um Organe wie Haut, Adern oder eine Blase zu drucken, entwickelten er und sein Team in 14-jähriger Arbeit einen speziellen 3D-Drucker. Die Spritzdüse ist extrem fein, sie hat einen Durchmesser von ein bis zwei Mikrometern. „Das ist 80 Mal kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haares“, so der Urologe. Durch dieses Düse wird eine Flüssigkeit gespritzt, die zu einem Gel wird, sobald sie auf der Oberfläche aufkommt.

Niere aus dem 3-D-Drucker: Plastik und lebende Zellen

Die Flüssigkeit enthält abwechselnd eine Art hartes Plastik, das einem Organ sein Gerüst verleiht, und Zellen, die sich darin ansiedeln. Die harten Bausteine lösen sich mit der Zeit auf und die Zellen übernehmen ihre Funktion. Das gedruckte Gewebe ist dabei wie eine Art Schwamm, dazwischen verlaufen feinste Kanäle. Wird das Organ in den Körper eingepflanzt, können sich in diesen Mikrokanälen Blutgefäße ausbilden. „Diese Kapillaren sind wie eine Autobahn, die die Versorgung mit Nährstoffen bis in das Zentrum des Organs sicherstellt“, so Atala.

Die 3D-Technik wollen die Forscher in absehbarer Zeit auch am Menschen erproben. Derzeit sitzt das Team an entsprechenden Vorarbeiten. Denn vor dem Start einer klinischen Studie muss die amerikanische Zulassungsbehörde FDA noch grünes Licht geben. Die hergestellten Transplantate könnten Patienten helfen, die sonst lange auf eine Organspende warten müssten.

Haut, Adern oder Magen als künstlich hergestellte Transplantate

Handgemachte Gewebe und Organe wurden bereits bei Menschen eingepflanzt. Atala teilt diese künstlich hergestellten Transplantate in vier Kategorien ein: „Am einfachsten sind die flachen Strukturen wie die Haut. Das betrifft sowohl die Architektur als auch die Tatsache, dass es vor allem einen Zelltypen gibt. Die nächste Ebene sind hohle Röhren, also Blutgefäße oder die Harnröhre. Dann kommen hohle Organe wie die Blase oder der Magen. Hier wird die Architektur und die Funktion komplexer, es gibt mehr Zusammenspiel mit anderen Organen.“

Die vierte Ebene seien solide Organe wie das Herz, die Leber oder die Niere. Sie haben sehr viel mehr Zellen pro Quadratzentimeter, dementsprechend bräuchten sie eine besonders gute Blutversorgung. „Bis jetzt haben wir die ersten drei Ebenen bewältigt. Beim Drucken wollen wir ebenso vorgehen. Erst kommen flache Strukturen, dann Röhren, dann hohle Organe. Das ultimative Ziel sind solide Organe“, sagt der Mediziner.

Atala plant Kooperation mit Unfallkrankenhaus Marzahn

Auch Berliner Patienten könnte in naher Zukunft von Atalas Forschung profitieren: Er plant eine Kooperation mit dem Unfallkrankenhaus Marzahn. „Die Haut, die wir herstellen, könnte zum Beispiel Verbrennungsopfern helfen. Oder Patienten nach einem Unfall.“ Derzeit führt er Gespräche,  2019 könnte es so weit sein.

Das Interview im „Tagespiegel“ führten und Jana Schlütter und Hartmut Wewetzer.

Foto: Benschonewille

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