Neuer Wirkstoff lässt Adipositas-Patienten abnehmen
Das Medikament aktivierte bei den beiden, unter einer seltenen genetischen Krankheit leidenden, adipöse Patientinnen das Sättigungszentrum des Gehirns. Innerhalb weniger Wochen reduzierte sich ihr Gewicht deutlich, heißt es in einer Pressemitteilung der Charité.
Welche Faktoren das Körpergewicht eines Menschen aus dem Ruder laufen lassen, ist bis heute nur in Ansätzen verstanden. Bekannt ist, dass Gen-Mutationen eine Rolle spielen. Das MC4R-Gen beispielsweise liefert den Bauplan für den Melanocortin-4 Rezeptor (MC4R), der den Energiehaushalt und das Körpergewicht reguliert.
Hormon-Mangel steigert das Hungergefühl
Die Aktivierung dieses Rezeptors durch den Botenstoff MSH (Melanozyten-stimulierendes Hormon) führt zu einer Reduktion des Hungergefühls. Patienten, die unter einem Mangel an MSH leiden, zeigen ein nur gering ausgeprägtes Sättigungsgefühl und entwickeln bereits in ihren ersten Lebensmonaten eine deutliche Fettleibigkeit.
Die Wissenschaftler um Dr. Peter Kühnen, Mediziner am Institut für Experimentelle Pädiatrische Endokrinologie, haben in ihrer Studie zwei Patientinnen mit angeborenem Mangel an Propiomelanocortin (POMC) therapiert. Das im Hypothalamus ausgeschüttete Hormon ist ein Vorläufer des Botenstoffes MSH und sein Mangel verursacht ein deutlich gesteigertes Hungergefühl.
Neuer Wirkstoff lässt Adipositas-Patienten abnehmen
Die Wissenschaftler untersuchten, ob das neue Präparat die Wirkung des Botenstoffes ersetzen und das Sättigungszentrum des Gehirns gezielt aktivieren kann. Innerhalb weniger Wochen nach Therapiebeginn konnten die Ärzte erste Effekte messen. Über einen Zeitraum von 42 Wochen reduzierte sich bei der ersten Patientin das Gewicht um 51 Kilogramm, ausgehend von 155 Kilogramm. Die zweite Patientin verlor im Laufe von 12 Wochen 20,5 Kilogramm bei einem Anfangsgewicht von 152,8 Kilogramm.
„Die Ergebnisse unserer Studie bestätigen die fundamentale Rolle des MC4R Signalweges in der Appetitregulation und liefern einen wichtigen Beitrag zum Verständnis grundlegender Prozesse im Zusammenhang mit dem Körpergewicht“, sagt Dr. Peter Kühnen. „Es ist allerdings zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht absehbar, ob auch Adipositas-Patienten ohne eindeutige genetische Ursache von der Therapie profitieren. Dies müssen weitere Studien zeigen“, fügt er hinzu. Die Studie wurde im Fachblatt NEJM veröffentlicht.
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