Mit Schlagermusik gegen Demenz
Dass Musik eine positive Wirkung auf das Gehirn hat, wissen Mediziner schon lange. Musikstücke wie beispielsweise Schlager, die in früheren Jahren oft gehört wurden, können dabei sogar längst vergessen geglaubte Erinnerungen wieder zum Vorschein bringen. Zudem animieren die alten Schlager die Patienten nicht selten zum Mitsingen – sogar wenn die Sprachfähigkeit im Alltag kaum noch vorhanden ist.
Das Musikprojekt „Klang und Leben“ nutzt diese positive Wirkung der Musik und versucht bei seinen Auftritten in Altersheimen, mit alten Schlagern die Erinnerungen der Seniorinnen und Senioren zu wecken. Seit über einem Jahr touren die Musiker dafür mit ihrem Programm durch Senioreneinrichtungen. Gemeinsam mit den Heimbewohnern unternehmen sie musikalische Zeitreisen, und alle Teilnehmer werden damit mit eingebunden. So entsteht über die Schlagermusik, das Mitsingen und die Gespräche ein intensiver Kontakt zu den Bewohnern, alte Gefühle leben wieder auf, und auch das Wohlbefinden der erkrankten Menschen verbessert sich.
Schlager-Musik: Demenzkranke blühen auf
Der Leiter des Projekts „Klang & Leben e.V.” Rainer Schumann wurde unter anderem als Drummer der Band „Fury in the Slaughterhouse” bekannt. Fachlich begleitet wird „Klang und Leben“ von Graziano Zampolin, Geschäftsführer eines Weiterbildungsinstituts für Gesundheitsfachberufe. In seinem Institut werden Führungskräfte sozialer Einrichtungen ausgebildet. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Weiterbildung von Mitarbeitern, die in der Betreuung und Pflege von Menschen mit Demenz tätig sind.
Wissenschaftlich begleitet wird das Musikprojekt durch Professor Eckart Altenmüller von der Musikhochschule Hannover. In Zusammenarbeit mit der Kursana Villa, in der die Musiker zum ersten Mal auftraten, entwickelte er einen Evaluationsbogen, mit dem alle teilnehmenden Pflegeeinrichtungen den Erfolg des Projekts bewerten können. Zudem gibt es nach den Auftritten Beratungsgespräche, in dem die Mitglieder von „Klang und Leben“ den Pflegekräften Möglichkeiten aufzeigen, wie eine musiktherapeutische Unterstützung von Menschen mit Demenz ausgestaltet werden kann.
Wenn die Musiker alte Schlager wie „Capri-Fischer“ oder „Kann denn Liebe Sünde sein“ spielen, sind die Effekte nach eigener Aussage immer wieder erstaunlich. „Es ist immer wieder ein Wunder zu erleben, wie unsere Zuhörer durch die Musik aufblühen“, betont Rainer Schumann. Beispielsweise singe „jemand, der nicht mehr spricht, plötzlich ganze Strophen. Oder ein Mann, der vergessen hat, dass er einmal Gitarre gespielt hat, greift bei uns wieder zum Instrument“, berichtet der Projektinitiator. Die Musik führt auf diese Weise dazu, dass nicht nur Erinnerungen geweckt, sondern auch das Lebensgefühl der Demenzkranken gesteigert wird.
Demenzkranke und Pflegende: Musiktherapie im Alltag
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft hat bereits vor Jahren eine Broschüre mit dem Titel „Mit Musik Demenzkranke begleiten“ herausgegeben. Sie beschreibt vor allem, wie pflegende Angehörige Musik einsetzen können, um positive Effekte zu erzielen. Wichtig ist es dabei immer, sich an den individuellen Lebensgeschichten und den Fähigkeiten der Kranken zu orientieren. Die Broschüre bietet auch zahlreiche Anregungen für Fachkräfte und ehrenamtliche Helfer und erklärt beispielsweise, wie die „Musikbiographie“ von Demenzkranken erschlossen werden kann und wie die Betroffenen auf dieser Grundlage geistig, emotional und körperlich gefördert werden können. Zudem wird in der Broschüre darauf aufmerksam gemacht, dass Musik auch für pflegende Angehörige hilfreich sein kann, indem sie Entspannung und Abstand vom Alltag vermittelt.
Foto: © Argus - Fotolia.com