Krebs häufigster Grund für Sterbehilfe in der Schweiz
Die aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten. In der Schweiz hingegen ist es Ärzten erlaubt, Patienten auch in Situationen zu unterstützen, in denen es keine Heilung gibt und in denen das Leiden unerträglich wird. Bei den Sterbehilfeorganisationen Exit Deutsche Schweiz, Exit Suisse Romande und Dignitas können unheilbar erkrankte Menschen entsprechende Beihilfe zum Suizid finden.
Krebs häufigster Grund
Forscher der Universität Bern sind nun in einer Studie der Frage nachgegangen, wer das Angebot der drei Schweizer Sterbehilfeorganisationen nutzt und warum. Für ihre Studie lagen den Forschern anonymisierte Daten von 1.301 Schweizer Bürgern zugrunde, denen die drei Organisationen in den Jahren 2005 bis 2008 aktive Sterbehilfe geleistet hatten. Davon lagen bei 1.093 Fällen die Krankheitsursachen vor. So zeigt die Studie, dass knapp die Hälfte der Betroffenen an Krebs litt. An zweiter Stelle standen unheilbar degenerative Nervenkrankheiten wie Multiple Sklerose, Parkinson oder Amyotrophe Lateralsklerose (ALS).
Mehr Frauen als Männer finden den Weg zu einer Sterbehilfeorganisation
Da die Forscher die Angaben der Sterbehilfeorganisationen mit den anonymisierten Daten der Schweizer Kohortenstudie verknüpften, konnten sie auch sozioökonomische Merkmale ausfindig machen. Demnach nutzten Frauen die aktive Sterbehilfe deutlich häufiger als Männer (740 Frauen gegenüber 561 Männer). Der Anteil der Frauen sei auch höher, wenn berücksichtigt wird, dass es mehr ältere Frauen als Männer gibt, heißt es in der Studie. Auch Alleinlebende und Geschiedene ließen sich eher in den Freitod begleiten als Verheiratete und sozial integrierte Personen. Jüngere Menschen mit Kindern nahmen sich den Forschern zufolge seltener als Kinderlose die Suizidbeihilfe in Anspruch; bei älteren Menschen dagegen scheinen Kinder kein Schutzfaktor mehr zu sein.
Wer einsam ist, entscheidet sich eher für die Sterbebegleitung
„Die Resultate deuten darauf hin, dass es tatsächlich verletzliche Bevölkerungsgruppen geben könnte“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Matthias Egger vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern. „Soziale Isolation und Einsamkeit sind bekannt als Risikofaktoren für nicht begleiteten Suizid, das gilt wohl auch für begleiteten Suizid.“ Finanzielle Nöte haben darüber hinaus offenbar keine Rolle gespielt. So war die Freitodbegleitung gemäß der Studie bei besser gebildeten Menschen, in urbanen Gebieten und in wohlhabenden Wohngegenden sogar überdurchschnittlich häufig. „Diese Befunde sprechen gegen die Theorie, dass der Druck auf sozial Schwächere zu einer Ausweitung der Suizidbeihilfe führt“, so Egger. Der Forscher räumt ein, dass Gebildete und Wohlhabende wohl auch einfacheren Zugang zur Suizidbeihilfe hätten, beispielweise aus finanziellen Gründen. Schließlich ist in der Schweiz auch die Sterbehilfe nicht ganz billig.
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