Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

IGEL-Leistungen in der Kritik

Montag, 30. Januar 2012 – Autor:
Mit dem IGEL-Monitor im Internet nehmen die Gesetzlichen Krankenkassen den Nutzen von Selbstzahlerleistungen kritisch unter die Lupe. Einige Angebote sollen den Patienten sogar mehr schaden als nutzen.
DAK/van den Berg

DAK/van den Berg

Sinnvoll, sinnlos oder gar gefährlich? Seit der IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDS) online ist, mehrt sich die Kritik am Nutzen von so genannten Individuellen Gesundheitsleistungen, kurz IGeL. Dazu gehören etwa der PSA-Test für Männer, die Messung des Augeninnendrucks zur Glaukom-Früherkennung oder Akupunktur bei Migräne. Für diese und rund 360 andere Leistungen geben Gesetzlich Versicherte pro Jahr rund 1,5 Milliarden Euro aus.

Einer Meldung des GKV-Spitzenverbandes zufolge wurden von 24 untersuchten Leistungen sieben als tendenziell negativ und vier sogar als eindeutig schädlich bewertet. Nur zwei erhielten die Note "tendenziell positiv". So haben die Prüfer zum Beispiel die Ultraschall-Untersuchung der Eierstöcke als tendenziell schädlich eingestuft, da es angeblich keinen Hinweis auf einen Nutzen gebe, vielmehr seien falsch-positive Alarme an der Tagesordnung, die zu einer psychischen Belastung der Frauen führten. Ebenso wurden auch besonders oft empfohlene Screening-Angebote wie PSA-Tests zur Früherkennung von Prostatakrebs oder die Messung des Augeninnendrucks zur Glaukom-Früherkennung als "tendenziell negativ" bewertet. Auch hier führten die Prüfer fehlende Aussagekraft, womöglich psychische Folgebelastungen oder gar unnötiger Folgeeingriffe auf. Lediglich die Lichttherapie bei saisonaler Depression und Akupunktur bei Migräne bekamen den Stempel "Tendenziell positiv".
 
Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, unterstellt den Ärzten vorrangig wirtschaftliche Interessen, da es sich bei den IGeL-Leistungen um nicht notwendige medizinische Leistungen für Kranke handle. Patienten dürften von Ärzten nicht überrumpelt werden, forderte Pfeiffer auf einer Pressekonferenz am 25. Januar. "Wenn Ärzte eine IGeL-Leistung erst machen dürfen, wenn der Patient 24 Stunden Bedenkzeit hatte, wird das Überrumpeln in der Arztpraxis unterbunden."

Der Präsident der Bundesärztekammer hält hingegen eine pauschale Kritik an den Ärzten für überzogen: "Zum Spektrum individueller Gesundheitsleistungen gehören auch Behandlungsmethoden wie zum Beispiel Sportuntersuchungen, Schulatteste oder Reiseimpfungen, die aus der Erstattungspflicht der Krankenkassen herausgenommen wurden, im Einzelfall jedoch sinnvoll sein können und von den Patienten gezielt nachgefragt werden", so Dr. Frank Ulrich Montgomery. "Das verschweigen die Krankenkassen aber gerne, wenn sie unterstellen, dass es ihnen beim Einsatz von IGel-Leistungen vorrangig um wirtschaftliche Interessen gehe."

Aber auch die Bundesärztekammer räumt ein: Der Arzt darf den Patienten nicht zur Inanspruchnahme einer Leistung drängen und keine falschen Erwartungen hinsichtlich eines Erfolges einer Behandlung wecken. Und der Arzt ist verpflichtet, über die zu erwartenden Behandlungskosten aufzuklären.

Bisher sind 24 individuelle Gesundheitsleistungen im IGeL-Monitor veröffentlicht.

http://www.igel-monitor.de/

Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: IGeL , Qualität , Krankenkassen

Weitere Nachrichten zum Thema IGeL

04.05.2018

Jeder zweite Patient bekommt vom Arzt eine IGeL-Leistung angeboten. Der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenverband (MDS) hat nun eine Liste mit den Top 10 veröffentlicht. Darin finden sich ausschließlich Leistungen, die vermutlich mehr schaden als nutzen.

07.12.2017

Der Nutzen von Alzheimer-Tests wurde offenbar nie in Studien untersucht. Das geht aus einer Überprüfung des Igel-Monitors hervor. Menschen ohne Demenz-Anzeichen sollten sich vor dem Test besser hüten.

12.09.2017

Ein Ultraschall der Prostata taugt nicht zur Krebsfrüherkennung bei gesunden Männern. Zu diesem Ergebnis kommt der IGeL-Monitor. Damit bleibt die Vorsorge-Sonografie genau wie der PSA-Test eine Selbstzahlerleistung.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin