Häufig unnötige Behandlungen am Lebensende
Viele Ärzte haben Schwierigkeiten damit, von der auf Heilung ausgerichteten, aber damit auch oft aggressiven Behandlung auf eine palliative Therapie umzuschalten. Rund ein Drittel der Patienten sind davon betroffen, wie australische Forscher festgestellt haben. Bereits im vergangenen Jahr hatte eine US-amerikanische Studie festgestellt, dass vielen unheilbar kranken Krebspatienten noch im Endstadium ihrer Erkrankung eine Chemotherapie angeboten wird, was die Lebensqualität oft sinken lässt. Ein häufiger Grund dafür: Die Patienten wollen selbst nicht glauben, sterbenskrank zu sein. Aber auch den Ärzten fällt es oft schwer loszulassen. Das gilt nicht nur bei Krebspatienten.
Häufig Wiederbelebungsversuche trotz Reanimationsverbots
Nun haben Forscher um Dr. Magnolia Cardona-Morrell von der University of South Wales in Sydney untersucht, wie oft schwerstkranke Patienten noch in den letzten sechs Monaten vor ihrem Tod nutzlosen Diagnose- und Behandlungsversuchen unterzogen werden. Die Wissenschaftler werteten dafür 38 Studien an, an welche die Daten von 1,2 Millionen stationär behandelten Patienten aus zehn Ländern einbezogen wurden.
Das Ergebnis: 33 bis 38 Prozent der Patienten, deren Leben sich dem Ende näherte, wurden sinnlosen Maßnahmen unterzogen. Bei 28 Prozent wurden Wiederbelebungsversuche unternommen, häufig trotz vorliegender Verfügung über ein Reanimationsverbot. Jeder dritte Patient erhielt Transfusionen oder wurde einer Dialyse, einer Strahlentherapie oder anderen lebenserhaltenden Maßnahmen unterzogen. 38 Prozent erhielten, während sie bereits im Sterben lagen, noch Antibiotika oder eine kardiovaskuläre, gastroenterale oder endokrine Behandlung. 33 Prozent erhielten in den eineinhalb Monaten vor ihrem Tod noch eine Chemotherapie.
Behandlungen am Lebensende kritisch hinterfragen
„Die Übersicht bestätigt, dass nutzlose Behandlungen von Patienten in der Sterbephase in Akutkrankenhäusern weit verbreitet sind“, kommentieren Cardona-Morrell und Kollegen die Ergebnisse. Natürlich ist kaum etwas so schwer vorherzusagen wie die Lebensspanne, die einem Patienten noch verbleibt – das räumen auch die Forscher ein. 24 der von Cardona-Morrell und Kollegen analysierten 38 Studien waren retrospektiv angelegt. Somit konnten die behandelnden Mediziner nicht genau wissen, wie lange der Patient noch zu leben hat. Dennoch ist es sicherlich nutzlos, bei einem offensichtlich im Sterben liegenden Patienten noch eine Chemo- oder Strahlentherapie zu veranlassen.
Auch die Studienautoren erklären, dass manche dieser Maßnahmen unvermeidbar sind, auch wenn sie das Leben nicht mehr verlängern. „Das bedeutet aber nicht, dass der Umfang nutzloser Behandlungen von Patienten in der Sterbephase nicht reduziert werden sollte“, so die Forscher. Welches Maß an Therapieverfahren am Lebensende gerechtfertigt sei, müsse daher immer wieder neu auf dem Prüfstand stehen.
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