Dicke Jungs verdienen später weniger
Ein schwedisches Forscher-Team um Petter Lundborg, Lund-Universität, Paul Nystedt, Jönköping-Universität, und Dan-Olof Rooth, Linneas-Universität und Lund-Universität, hat umfassende Informationen aus Schweden, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten verglichen. Dabei analysierten die Wissenschaftler umfassende Daten von 145.193 in Schweden geborenen Brüdern, die zwischen 1984 und 1997 beim schwedischen Militär zum Wehrdienst eingezogen wurden. Dazu gehörten Informationen über die kognitiven Fähigkeiten der Soldaten (wie etwa Gedächtnis, Aufmerksamkeit und logisches Denkvermögen) und die nicht kognitiven Fähigkeiten (wie etwa Motivation, Selbstvertrauen, soziale Kompetenzen, Ausdauer) - Eigenschaften, die sich auf ihre Produktivität auswirken können. Mithilfe von Steuerunterlagen wurde anschließend der Jahresverdienst dieser Männer ermittelt, die im Jahr 2003 zwischen 28 und 39 Jahre alt waren. Das Ergebnis, das kürzlich im Springer-Journal Demography veröffentlich wurde: Die jungen Jahren übergewichtige Männer verdienten später im Schnitt rund 18 Prozent weniger als ihre normalgewichtigen Altersgenossen.
Legen Männer erst später an Gewicht zu, hat das keinen Einfluss auf das Einkommen
Vorherige Studien hätten lediglich ergeben, dass übergewichtige junge Frauen beim Eintritt in den Arbeitsmarkt benachteiligt sind. Diese Studie zeige nun erstmalig, dass dies auch für junge Männer gelte, die bereits als Teenager übergewichtig oder fettleibig sind, so die Herausgeber. Dies gelte allerdings nicht für Männer, die erst später im Leben exzessiv an Gewicht zulegen.
Die schwedischen Ergebnisse haben die Wissenschaftler danach mit den Daten der British National Child Development Study und der US National Longitudinal Survey of Youth von 1979 abgeglichen. Die auffallend ähnlichen Muster in allen drei Datensätzen bestätigen, dass die Verdienstbenachteiligung ausschließlich Männer betrifft, die schon in jungen Jahren übergewichtig oder fettleibig sind. Lundborg und sein Team führen diese Benachteiligung zum Teil darauf zurück, dass übergewichtige Heranwachsende oft ein geringeres Maß an kognitiven und nicht kognitiven Fähigkeiten haben. Dies entspreche Forschungsergebnissen, die Übergewicht während Kindheit und Jugend mit Mobbing, geringerem Selbstvertrauen sowie Diskriminierung durch Gleichaltrige und Lehrer in Zusammenhang bringen.
Rapide Zunahme der Zahl dicker Kindern hat negative Auswirkungen auf die Volkswirtschaft
Die Wissenschaftler raten, Probleme mit Übergewicht und Fettleibigkeit, die in Familien mit niedrigerem Einkommen eher verbreitet sind, in den Fokus spezieller Maßnahmen zu stellen. Mit deren Hilfe könnten Benachteiligungen in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen wie auch sozioökonomische Ungerechtigkeiten reduziert werden. Damit könnten möglicherweise Muster durchbrochen werden, wie niedrige Einkommensverhältnisse über Generationen weitergebeben werden.
„Unsere Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass die rapide Zunahme von Übergewicht in Kindheit und Jugend dauerhafte Auswirkungen auf Wirtschaftswachstum und Produktivität eines Landes haben kann. Wir glauben, dass es sinnvoll ist, von staatlicher Seite bereits frühzeitig Maßnahmen dazu zu ergreifen. Denn Kinder und Jugendliche selbst sind kaum in der Lage, die Folgen ihres Handelns zu beurteilen“, sagt Nystedt. „Unsere Studie macht deutlich, wie wichtig der Kampf gegen Übergewicht in jungen Jahren ist: Es lassen sich nicht nur Kosten für das Gesundheitswesen sparen, sondern auch Armut und Ungerechtigkeit im späteren Leben reduzieren.“
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