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Zum Geburtstag Politik

Montag, 22. Oktober 2012 – Autor:
Wie kann die in Unordnung geratene Wirtschafts- und Finanzwelt wieder in Ordnung gebracht werden? Das war die zentrale Frage des Symposiums „Soziale Ordnungspolitik im 21. Jahrhundert“, das anlässlich von Ulf Finks 70. Geburtstag am 18. Oktober in Berlin stattfand.
Ulf Fink feierte 70. Geburtstag

Symposium am 18. Oktober 2012: Ulf Fink feierte 70. Geburtstag

Nein, diesmal ging es nicht um Gesundheit und auch die Gesundheitspolitik wurde nur am Rande gestreift. Beim Symposium, das zu Ehren von Ulf Fink am 18. Oktober in Berlin abgehalten wurde, ging es um die „Soziale Ordnungspolitik im 21. Jahrhundert“. Ein Thema, das Fink, der am 6. Oktober 70 Jahre alt geworden war, hoch erfreute. Schließlich war der CDU-Politiker ein großer Verfechter der sozialen Ordnungspolitik und ist es bis heute.

Gibt es überhaupt noch eine soziale Ordnungspolitik – oder wie ist es möglich, dass die Wirtschafts- und Finanzwelt so in Unordnung geraten ist? fragte Franz Dormann, Geschäftsführer von Gesundheitsstadt Berlin, der die Podiumsdiskussion moderierte.

„Die Politik hat sich selbst entmachtet“

Nach Ansicht Heiner Geißlers hat die Ideologie von einem freien Markt mit möglichst wenig Staat zu chaotischen Verhältnissen geführt. „In ihrem neoliberalen Privatisierungs- und Deregulierungswahn hat die Politik die Kontrolle über die Finanzwirtschaft aus der Hand gegeben und den Spekulanten und dem Großkapital einen roten Teppich ausgerollt“, sagte Geißler. „Die Politik hat sich selbst entmachtet und das Wirtschafssystem sein ethisches Fundament verloren“. Scharfe Kritik übte Geißler auch den Wirtschaftswissenschaften. Die Ökonomen hingen in Deutschland einem neoliberalen Dogmatismus an und hätten in Bezug auf die Finanzkrise auf der ganzen Linie versagt, so der ehemalige Bundes- und Landesminister und Generalsekretär der CDU.

Geißlers Gesprächspartner sahen das ähnlich. Der Finanzpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag Gerhard Schick bemängelte, es fehlten interessensunabhängige Kontrollinstanzen auf dem Finanzmarkt. Aus der Wirtschaftskrise von 2008 habe Europa nichts gelernt. „In der Öffentlichkeit entsteht zwar der Eindruck, das Richtige würde getan. De facto ist unser System aber heute weniger stabil ist als vor vier bis fünf Jahren.“

Was aber tun, um der Misere zu entkommen? Müsste nicht ein internationaler Ordnungsrahmen geschaffen werden, wo doch nationale Regeln offenbar nicht mehr reichen?“, so der Moderator. Das Dilemma liegt nach Ansicht des DAK-Vorstands Herbert Rebscher darin, dass der Finanzmarkt mit seinen Finanzprodukten von der Realwirtschaft abgekoppelt sei. „In einem solchen System kann auch ein EU-Regulator nichts mehr regulieren. Ich bin skeptisch, ob es der EU gelingen wird das einzufangen, ihr fehlt dazu die demokratische Legitimation.“ Dennoch gebe es zur EU keine Alternative, meinte Rebscher. Man könne die Entwicklung nicht zurückdrehen.

Rita Süssmuth teilte die Skepsis gegenüber der EU, meinte aber, nur die Europäische Union sei in der Lage das Machtverhältnis zwischen Geldwirtschaft und Politik wieder umzukehren. „Noch nie waren die Voraussetzungen für Veränderungen besser als heute“, so die ehemalige Bundestagspräsidentin. Es müsse weiter daran gearbeitet werden, die Finanz- Wirtschafts- und Sozialpolitik zu einer Einheit zu verschmelzen. Eine solche soziale Ordnungspolitik sei in Europa nicht vorhanden. Um diese endlich umzusetzen, käme es entscheidend auf die politische Führung in der Auseinandersetzung mit Interessensgruppen an. Und hier sei eine andere Personalpolitik gefragt. „Wir brauchen wieder Leute wie Delors“, sagte Süssmuth. „Das waren Politiker, die die Wirtschafts- und Sozialentwicklung zugleich im Blick hatten. Diese Einheit fehlt bis heute, ist aber dringend notwendig, damit Europa seine Rolle in der Welt behält.“

Auch Heiner Geißler forderte eine soziale Ordnungspolitik für Europa. Die Politik dürfe sich nicht länger von Minderheiten abhängig machen und Politik und Ökonomie müssten sich wieder an ethischen Prinzipien ausrichten. „Die Lösung muss in jedem Fall eine politische sein“.

Club of Berlin: Schutz des Menschen in einer globalisierten Welt

Abschließend zeigte sich Ulf Fink, der diesmal nur Zuhörer war, mit der Diskussion sichtlich zufrieden. Dann zog er noch eine kleine Anektode aus dem Ärmel. „Ich weiß noch genau wie Heiner Geißler vor etwa zehn Jahren zu mir gesagt hat, wir müssten uns mehr mit der Globalisierung beschäftigen. Daraufhin habe ich zusammen mit meiner Frau Ingrid Völker den Club of Berlin gegründet.“ Anders als der „Club of Rome“ kümmert sich der Berliner Club nicht um den Schutz der Umwelt, sondern um den Schutz des Menschen in einer globalisierten Welt. „Dieses Anliegen kam in der heutigen Diskussion wunderbar zum Vorschein“, so Fink. „Ich fand, das war eine gute Diskussion.“

Übrigens: Die Festschrift „Soziale Ordnungspolitik im 21. Jahrhundert“ (Thieme, Stuttgart. 2012) zum 70. Geburtstag von Ulf Fink wurde ebenfalls im Rahmen des Symposiums vorgestellt und ist ab sofort im Buchhandel erhältlich. Unter den 40 Autoren der Festschrift befinden sich auch die Teilnehmer der Podiumsdiskussion: Dr. Heiner Geißler, Bundesminister a. D.; Professor Rita Süssmuth, Bundestagspräsidentin a. D.; Professor Herbert Rebscher, DAK-Vorstandsvorsitzender und Dr. Gerhard Schick, MdB. Herausgeber der Festschrift sind Dr. Ingrid Völker, WISO-Gruppe, und Dr. Franz Dormann, Gesundheitsstadt Berlin. Beide hatten auch das gleichnamige Symposium organisiert.

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