Zu wenige Krebspatienten nehmen Reha-Leistungen in Anspruch
Krebs trifft nicht nur alte Menschen. Daten des Robert Koch-Institutes von 2010 zeigen, dass rund 40 Prozent aller Krebspatienten im erwerbsfähigen Alter sind. Gleichzeitig zeigt der Reha-Bericht 2013 der Deutschen Rentenversicherung (DRV), dass die Zahl der der Anträge auf onkologische Rehabilitation seit 2011 kontinuierlich sinkt. Lediglich ein Drittel der Krebspatienten nimmt derzeit Reha-Leistungen in Anspruch. „Krebspatienten haben einen hohen Bedarf an medizinischer Rehabilitation, um gesundheitliche Beeinträchtigungen abzuwenden, ihre Erwerbsfähigkeit wiederherzustellen und die Lebensqualität trotz der bedrohlichen Erkrankung zu erhalten“, sagt Prof. Dr. Hans-Helge Bartsch, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für supportive Maßnahmen in der Onkologie, Rehabilitation und Sozialmedizin der Deutschen Krebsgesellschaft (ASORS) und Mitglied im Patientenbeirat der Deutschen Krebshilfe. „Dennoch beantragen viele Krebspatienten keine Leistungen, die ihre Arbeitsfähigkeit wiederherstellen oder stabilisieren“.
Studie: 85 % der Krebspatienten nach Reha wieder erwerbsfähig
Dabei haben wissenschaftliche Studien belegt, dass selbst Krebspatienten mit hohen körperlichen Beeinträchtigungen von Rehabilitationsleistungen profitieren können. Angaben des DRV-Berichtes zufolge waren im Verlauf von zwei Jahren nach einer Rehabilitation 85 Prozent der Patienten wieder erwerbsfähig.„Eine medizinische Rehabilitation erhöht nachweislich die Chancen erfolgreicher beruflicher Wiedereingliederung oder dem Verbleib im Erwerbsleben. Gleichzeitig reduziert sie maßgeblich körperliche und psychosoziale Folgestörungen und beugt damit einer dauerhaften Erwerbsminderung und den daraus resultierenden ökonomischen Konsequenzen vor“, sagt Bartsch. Viele Betroffene und ihre Familien seien nach einer häufig vermeidbaren Berentung einem hohen Armutsrisiko ausgesetzt.
Zugang zur onkologischen Reha ist komplizierter geworden
Warum immer weniger Betroffene Rehabilitationsleistungen in Anspruch nehmen, hat unterschiedliche Gründe. Noch vor einigen Jahren folgte nach Abschluss der Akutbehandlung eines Krebspatienten mehr oder weniger „automatisch“ eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme. Heute haben sich jedoch viele Behandlungskonzepte und -verläufe in der Onkologie grundlegend geändert. „Bei immer mehr Betroffenen gibt es nicht mehr den Abschluss der Akutbehandlung“, sagt Ulrich Kurlemann, erster Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen (DVSG) und ebenfalls Mitglied im Patientenbeirat der Deutschen Krebshilfe. Viele stationäre Akutbehandlungen würden heute ambulant weitergeführt. Eine Anschlussheilrehabilitation, die so genannte AHB, die sich unmittelbar oder spätestens nach 14 Tagen an die stationäre Behandlung anschließe, könne somit häufig nicht mehr direkt und unkompliziert durch die Krankenhaussozialdienste eingeleitet werden. „Um dennoch die notwendige medizinische Rehabilitation zu erhalten, müssen die Betroffenen einen entsprechenden Antrag bei dem zuständigen Rehabilitationsträger stellen – ein Schritt, vor dem schwer erkrankte Menschen ohne Beratung und begleitende Unterstützung häufig zurückschrecken“, so Kurlemann.
Aus rehabilitationswissenschaftlichen Studien sei bekannt, dass Informationsdefizite auf Seiten des Patienten und der Behandler sowohl mit Blick auf die Zugangswege wie auch die Notwendigkeit und den Nutzen einer Maßnahme für die rückläufige Inanspruchnahme verantwortlich seien.
„Die Sorge vor dem Verlust des Arbeitsplatzes oder der Selbstständigkeit sollte Krebspatienten nicht davon abhalten, einen Reha-Antrag zu stellen“, fordert auch Gerd Nettekoven, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe. Eine Rehabilitationsmaßnahme trage im Gegenteil dazu bei, die Teilnahme am beruflichen und sozialen Leben zu sichern. „Wenn direkt über das Krankenhaus keine AHB eingeleitet werden kann, empfehlen wir Krebspatienten, sich von einer ambulanten Krebsberatungsstelle im Antragsverfahren beraten und unterstützen zu lassen“, so Nettekoven.
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