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Zu wenig Reha, zu viel Pflege

Dienstag, 13. September 2016 – Autor:
Reha-Maßnahmen in der Geriatrie verbessern die Lebensqualität und vermindern oder verhindern Pflege-Bedürftigkeit. Trotzdem werden sie zu selten bewilligt. Das kritisieren die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) und die Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG).
Seniorin in der Reha

Reha-Maßnahmen verbessern die Lebensqualität und erhalten die Selbstständigkeit – Foto: Printemps - Fotolia

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherungen (MDK) habe im Vorjahr knapp 31.000 Reha-Empfehlungen bei fast 1,5 Millionen Begutachtungen ausgesprochen. Die Zahl sei viel zu gering, heißt es in einer Pressemitteilung. Die Fachgesellschaften suchen auf dem gemeinsamen Jahreskongress 2016 in Stuttgart nach Lösungen.

Der Grundsatz „Reha vor Pflege“ ist hierzulande auf dem Papier gesetzliche Vorgabe. Es gibt jedoch gerade in Deutschland ein systemisches Problem, diesen auch in die Realität umzusetzen. Denn Kostenträger der geriatrischen Rehabilitationen sind in der Regel die Krankenkassen, Nutznießer einer erfolgreichen Maßnahme hingegen auch die Pflegekassen.

Geriatrie: Zu wenig Reha, zu viel Pflege

„Mir erscheinen die deutschen Angebote für die Rehabilitation älterer Menschen grundsätzlich gut entwickelt“, sagt Geriater Prof. Ian Cameron im Vorfeld des Kongresses. „Meiner Ansicht nach gibt es aber in den meisten Ländern Schwierigkeiten, den Stand der Forschung, der starke Hinweise auf die Vorteile von geriatrischer Rehabilitation liefert, in effektive Maßnahmen zu übersetzen.“ Prof. Cameron berät als Experte die australische Regierung und staatliche Organisationen im Bereich Rehabilitation für ältere und behinderte Menschen.

„Die meisten älteren Menschen mit einer schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigung können potentiell von Rehabilitation profitieren“, sagt Cameron. „Die besten Beispiele finden sich gerade nach Schlaganfällen oder Hüftfrakturen. Und es gibt immer mehr Hinweise für die positive Wirkung von Rehabilitation nach Immobilisierung und bei Gebrechlichkeit.“

Geriatrie: Ambulante Reha ebenso effektiv wie stationäre

Doch wo sollte die Reha stattfinden? Stationär in einer Klinik, in einer Pflegeeinrichtung oder zu Hause in der gewohnten Umgebung der älteren Menschen? Dazu gibt es weltweit erheblich abweichende Modelle. Eine Rehabilitation in Pflegeeinrichtungen kann potentiell negative Ergebnisse produzieren, indem Behinderung und Abhängigkeit verlängert werden. Ist es dagegen möglich, eine Rehabilitation im häuslichen Umfeld anzubieten, ist dies mindestens so effektiv wie im stationären Rahmen.

„Der größte Vorteil von Rehabilitationsmaßnahmen für ältere Menschen ist es, ein eigenständigeres Leben mit einer verbesserten Lebensqualität führen zu können“, so Cameron. „Das könnte auch die Nutzung von Pflegeeinrichtungen verringern.“ Um bei Rehabilitationsmaßnahmen die höchste Kosteneffizienz und die besten Ergebnisse zu erzielen, kommt er zu dem Schluss, dass es in vielen Fällen nützlich ist, diese in der heimischen Umgebung stattfinden zu lassen.

Foto: Printemps/Fotolia.com

Hauptkategorie: Demografischer Wandel
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