
Frühstücksflocken für Kinder enthalten nach wie vor zuviel Zucker – Foto: ©WavebreakmediaMicro - stock.adobe.com
Frühstücksflocken enthalten zu viel Zucker. 73 Prozent der hierzulande gekauften Müslis, Cornflakes und Co. überschreiten die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 15 Gramm Zucker pro 100 Gramm. Bei den für Kinder angebotenen Cerealien liegen 99 Prozent über dem Richtwert.
Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), die der AOK-Bundesverband in Auftrag gegeben hat. Die Forscher nahmen hierfür das Kaufverhalten von 30.000 Haushalten in Deutschland unter die Lupe und werteten den Zuckergehalt von über 1.400 Produkten aus. Die Studie zeigt auch, dass überzuckerte Kindercerealien 39 Prozent der insgesamt von Familien gekauften Frühstückscerealien ausmachen.
Zu viel Zucker in Frühstücksflocken für Kinder
Zu viel Zucker in Frühstücksflocken für Kinder: Dr. Sigrid Peter, Vizepräsidentin des Berufsverbandes für Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), sieht angesichts dieser Ergebnisse raschen Handlungsbedarf: "Wir müssen den Zuckergehalt in Fertigprodukten, Softdrinks und Frühstückscerealien dringend reduzieren, um die jüngere Generation vor Adipositas und anderen ernährungsbedingten Krankheiten zu schützen. Unser Ziel sollte es sein, dass die Geschmackspräferenz ‚süß‘ sich nicht an Zucker oder Zuckerersatzstoffen festmacht. Wenn wir den Zuckergehalt nach und nach verringern, wird sich auch das Geschmacksempfinden auf `weniger süß ́ umstellen", sagte sie in einer Pressemitteilung.
AOK fordert verpflichtende Reduktionsziele
Dr. Kai Kolpatzik, Abteilungsleiter Prävention im AOK-Bundesverband, fordert ebenfalls Konsequenzen: "Vor diesem Hintergrund erscheinen die mit der Lebensmittelindustrie im Rahmen der Nationalen Reduktionsstrategie vereinbarten Ziele geradezu skandalös." Aktuell sehen beispielsweise die mit dem Verband der Getreide-, Mühlen und Stärkewirtschaft (VGMS) getroffenen Vereinbarungen eine Reduzierung des Zuckergehalts um lediglich bis zu 20 Prozent bis 2025 vor - und das auch nur bei speziell für Kinder beworbenen Waren.
Kolpatzik fordert: "Statt einer laschen Zuckerreduktion sollte man die Produzenten entsprechend der WHO-Empfehlung zu einer schrittweisen Reduzierung auf 15 Gramm Zucker pro 100 Gramm verpflichten - und das für das gesamte Segment."
Ernährungsministerin Klöckner sieht erste Erfolge
Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) hingegen sieht ihre Strategie der freiwilligen Selbstverpflichtung der Nahrungsmittelindustrie auf einem guten Weg. "Es geht in die richtige Richtung". Vor wenigen Tagen stellte sie eine Studie des Max-Rubner-Institutes vor, die die aktuellen Nährwerte von Jogurts, Quarkspeisen, Frühstückscerealien, Erfrischungsgetränken und Tiefkühlpizzen mit den Werten von 2016 verglich. Danach ist der Zuckergehalt beispielsweise von Kinderjoghurts, Energy Drinks und Limonaden gesunken. Er sei aber aber immer noch zu hoch, so Klöckner.
Der GfK-Untersuchung zufolge haben auch Einkommen und Bildung Einfluss auf das Konsumverhalten. Je niedriger der soziale Status, desto häufiger kaufen die jeweiligen Haushalte süße Cerealien-Varianten. Kinderärztin Peter warnt: "Die Zunahme von Übergewicht und Adipositas wird sich weiter beschleunigen, insbesondere in der Gruppe von Kindern und Jugendlichen, die in bildungsferneren und finanzschwächeren Familien aufwachsen."
Keine Werbung mehr mit Comicfiguren
Neben einer verbindlichen Reduktionsstrategie fordern Mediziner und Präventionsexperten ein Verbot von Kindermarketing für ungesunde Lebensmittel. "Solange die Unternehmen mit Comicfiguren auf oder mit Goodies in den Verpackungen sowie im TV und Internet werben dürfen, werden Familien ungesunden Produkten auch zukünftig nicht widerstehen können. Dass es auch ohne geht, zeigen Beispiele aus unseren Nachbarländern", erklärt Präventionsexperte Kolpatzik.
Darüber hinaus müsse zukünftig die Ernährungskompetenz der Verbraucher gestärkt werden. "Die Einführung einer freiwilligen einheitlichen Lebensmittelkennzeichnung mit dem Nutri-Score war ein erster guter Schritt", sagt Kolpatzik. Auch Klöckner erhofft sich ein verändertes Einkaufsverhalten durch diese Nährwertampel.
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