Zahnärzte wehren sich gegen große Praxisketten

Noch niedergelassen oder schon in einer Praxiskette? Zahnärzte warnen vor einem Systemumbau in der Zahnmedizin durch Großinvestoren
Medizin kann ein sehr rentables Geschäft sein. Besonders in der Zahnmedizin winken große Gewinne. Das haben auch Investoren erkannt. Immer mehr Praxisketten eröffnen in Deutschland, hinter denen oft branchenfremde Kapitalgeber stecken.
Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK), ist darüber wenig amused. „Die zahnmedizinische Versorgung in Deutschland darf nicht den Renditegelüsten versorgungsfremder Investoren geopfert werden!“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von BZÄK, der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) zum Deutschen Zahnärztetag.
Patienten vor Renditegelüsten schützen
So würden durch Fremdinvestoren allgemeingültige Grundsätze in der Medizin wie Weisungsunabhängigkeit, ethische Verpflichtung und Gemeinwohlauftrag untergraben. „Das sind für diese Investoren Fremdwörter – was für sie zählt, ist die Gewinnmaximierung und die höchstmögliche Verzinsung des Kapitals. Davor müssen unsere Patienten geschützt werden“, erklärte BZÄK Präsident Dr. Peter Engel auf einer Pressekonferenz im Rahmen des Deutschen Zahnärztetags.
Es ist ein Systemumbau im Gange
Auch Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV fand scharfe Worte: „Reine Zahnarzt-MVZ und deren Ketten unter Kontrolle von versorgungsfremden Investoren befeuern das Praxissterben und damit Unterversorgung in ländlichen und strukturschwachen Gebieten, während sie Über- und Fehlversorgung in Großstädten und einkommensstarken Regionen forcieren“, sagte er. Dieser Systemumbau gefährde die Sicherstellung der flächendeckenden und wohnortnahen Versorgung und schade der Freiberuflichkeit, die dem Patientenwohl verpflichtet sei.
Die Zahnärzte fordern darum die Politik auf, den Systemumbau zu Lasten der Versicherten zu unterbinden. Dazu müsse die Gründungsberechtigung von Krankenhäusern für reine Zahnarzt-MVZ auf räumlich-regionale sowie medizinisch-fachliche Bezüge gesetzlich beschränkt werden. „Solche Kliniken dienen versorgungsfremden Investoren als Einfallstor in die ambulante zahnärztliche Versorgung“, so Eßer.
Anstellungsgrenzen in kleinen Praxen lockern
Allerdings sind größere Kliniken für viele Zahnärzte attraktiv: Es locken eine Festanstellung mit gesichertem Einkommen ohne unternehmerische Verantwortung sowie eine bessere Work-Life-Balance, als wenn man sich selbstständig macht.
Diesem Wunsch wollen die drei Zahnärzteorganisationen entgegenkommen, in dem die bestehenden Anstellungsgrenzen für angestellte Zahnärzte gelockert werden. Auch sollen die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zukünftig Sicherstellungszuschläge an junge Zahnmediziner zahlen, Strukturfonds einrichten oder Eigeneinrichtungen betreiben dürfen, um entstehender Unterversorgung wirksam zu begegnen.
Eine weitere Forderung: Die Zahnärztliche Approbationsordnung (ZApprO) müsse endlich aktualisiert werden. Die jetzige stammt aus dem Jahr 1955. „Das ist ein Armutszeugnis für den Wissenschafts- und Medizinstandort Deutschland“, kritisierte Engels. „Ohne ZApprO besteht zurzeit auch keine rechtliche Regelung für die Anerkennung von Berufsabschlüssen aus Drittstaaten, wie sie bei anderen Heilberufen existiert.“
Der Bundesrat sieht offenbar keinen Handlungsbedarf: Vor rund drei Wochen hat er das Thema ZApprO zum wiederholten Mal von der Tagesordnung genommen.
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