Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Zähe Verhandlungen um Genexpressionstest

Samstag, 2. November 2013 – Autor:
Mit einem Test können Ärzte vorhersagen, ob eine Brustkrebspatientin eine Chemotherapie braucht. In England wird der Test jetzt zur Kassenleistung. Deutschland hinkt noch hinterher.
Behandlungsentscheidung bei Brustkrebs

Prognose-Test kann Brustkrebspatientinnen eine Chemotherapie ersparen

Das britische National Institute for Health and Care Excellence (NICE) hat im September empfohlen, den britischen Brustkrebspatientinnen einen Genexpressionstest zur Verfügung zu stellen. Der Test erlaubt, den Verlauf der Erkrankung vorherzusagen und so die Frage zu beantworten, ob eine belastende Chemotherapie wirklich nötig oder eine Hormontherapie ausreichend ist. Geeignet ist der Test für etwa 70 Prozent der Brustkrebspatientinnen mit hormonrezeptorpositiven und HER2- negativen Karzinomen.

NICE empfiehlt Test für britische Versicherte

Seit etwa zwei Jahren wird ein solcher Test unter dem Namen EndoPredict auch in Deutschland angeboten. Forscher der Charité waren an der Entwicklung von Endopredict beteiligt. An der Charité wird der Test mittlerweile routinemäßig eingesetzt. Außerdem nutzen ihn 25 Instituten für Pathologie in Deutschland und der Schweiz für die klinische Anwendung.

Doch bislang wollen die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland die Kosten für den Test nicht übernehmen. Der Spitzenverband der Krankenkassen lehnt die Erstattung von Genexpressionstests mit der Begründung ab, sie seien nicht ausreichend validiert. Der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Pathologen, Prof. Dr. med. Werner Schlake, hält die Begründung für falsch. Die GKV müsse ihre Aussage endlich an die aktuelle „Beweislage“ anpassen. Die Zuverlässigkeit des Tests sei durch zahlreiche Studien belegt. „Wie lange will die deutsche gesetzliche Krankenversicherung ausgerechnet hinter dem staatlichen britischen Gesundheitswesen zurückstehen?“ fragte der Pathologe und kritisiert die Behäbigkeit der Verhandlungsführung. „Den gesetzlich versicherten Brustkrebspatientinnen läuft derweil die Zeit davon.“

Der Test hilft, Übertherapien zu vermeiden

Dabei könnten Kassen eine Menge Geld sparen. Denn die Anwendung derartiger Tests kann helfen, Übertherapien zu reduzieren. „Wir erwarten, dass durch die Anwendung des EndoPredicts künftig 20 bis 40 Prozent der Patientinnen, die entsprechend der gültigen Behandlungsrichtlinien der mittleren Risikogruppe zugeordnet werden, eine belastende Chemotherapie erspart werden kann“, so PD Dr. Ralf Kronenwett, Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung der Sividon Diagnostics GmbH, die den Test für die Anwendung in Pathologielabors anbietet. „Die Effektivität ihrer Behandlung wird dabei nicht erkennbar beeinträchtigt werden.“

Das sieht auch Prof. Dr. Manfred Dietel vom Institut für Pathologie der Charité so. Der Test liefere eine durch Studien untermauerte Entscheidungsgrundlage für oder gegen eine Chemotherapie. Letztlich treffe die Patientin mit ihrem Arzt gemeinsam die Entscheidung.  „Wir gehen davon aus, dass sich die Zahl der adjuvanten Chemotherapien mit dem Test deutlich senken lassen wird – ohne Nachteil für die Patientinnen“, so Dietel. Der Genexpressionstest EndoPredict analysiert anhand einer kleinen Gewebeprobe des Tumors acht prognostisch relevante Gene sowie klassische pathologische Marker wie Tumorgröße und Nodalstatus. Im Rahmen des Tests werden die Patientinnen nach ihrem Risikoprofil in Low-risk- bis High-risk-Gruppen eingeteilt. Der Test ist zudem in der Lage, auch das Risiko für späte Metastasen nach dem 5. Überlebensjahr präzise vorherzusagen.

Foto: © kasto - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Krebs , Brustkrebs

Weitere Nachrichten zum Thema Brustkrebs

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin