Zähe Verhandlungen um Genexpressionstest
Das britische National Institute for Health and Care Excellence (NICE) hat im September empfohlen, den britischen Brustkrebspatientinnen einen Genexpressionstest zur Verfügung zu stellen. Der Test erlaubt, den Verlauf der Erkrankung vorherzusagen und so die Frage zu beantworten, ob eine belastende Chemotherapie wirklich nötig oder eine Hormontherapie ausreichend ist. Geeignet ist der Test für etwa 70 Prozent der Brustkrebspatientinnen mit hormonrezeptorpositiven und HER2- negativen Karzinomen.
NICE empfiehlt Test für britische Versicherte
Seit etwa zwei Jahren wird ein solcher Test unter dem Namen EndoPredict auch in Deutschland angeboten. Forscher der Charité waren an der Entwicklung von Endopredict beteiligt. An der Charité wird der Test mittlerweile routinemäßig eingesetzt. Außerdem nutzen ihn 25 Instituten für Pathologie in Deutschland und der Schweiz für die klinische Anwendung.
Doch bislang wollen die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland die Kosten für den Test nicht übernehmen. Der Spitzenverband der Krankenkassen lehnt die Erstattung von Genexpressionstests mit der Begründung ab, sie seien nicht ausreichend validiert. Der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Pathologen, Prof. Dr. med. Werner Schlake, hält die Begründung für falsch. Die GKV müsse ihre Aussage endlich an die aktuelle „Beweislage“ anpassen. Die Zuverlässigkeit des Tests sei durch zahlreiche Studien belegt. „Wie lange will die deutsche gesetzliche Krankenversicherung ausgerechnet hinter dem staatlichen britischen Gesundheitswesen zurückstehen?“ fragte der Pathologe und kritisiert die Behäbigkeit der Verhandlungsführung. „Den gesetzlich versicherten Brustkrebspatientinnen läuft derweil die Zeit davon.“
Der Test hilft, Übertherapien zu vermeiden
Dabei könnten Kassen eine Menge Geld sparen. Denn die Anwendung derartiger Tests kann helfen, Übertherapien zu reduzieren. „Wir erwarten, dass durch die Anwendung des EndoPredicts künftig 20 bis 40 Prozent der Patientinnen, die entsprechend der gültigen Behandlungsrichtlinien der mittleren Risikogruppe zugeordnet werden, eine belastende Chemotherapie erspart werden kann“, so PD Dr. Ralf Kronenwett, Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung der Sividon Diagnostics GmbH, die den Test für die Anwendung in Pathologielabors anbietet. „Die Effektivität ihrer Behandlung wird dabei nicht erkennbar beeinträchtigt werden.“
Das sieht auch Prof. Dr. Manfred Dietel vom Institut für Pathologie der Charité so. Der Test liefere eine durch Studien untermauerte Entscheidungsgrundlage für oder gegen eine Chemotherapie. Letztlich treffe die Patientin mit ihrem Arzt gemeinsam die Entscheidung. „Wir gehen davon aus, dass sich die Zahl der adjuvanten Chemotherapien mit dem Test deutlich senken lassen wird – ohne Nachteil für die Patientinnen“, so Dietel. Der Genexpressionstest EndoPredict analysiert anhand einer kleinen Gewebeprobe des Tumors acht prognostisch relevante Gene sowie klassische pathologische Marker wie Tumorgröße und Nodalstatus. Im Rahmen des Tests werden die Patientinnen nach ihrem Risikoprofil in Low-risk- bis High-risk-Gruppen eingeteilt. Der Test ist zudem in der Lage, auch das Risiko für späte Metastasen nach dem 5. Überlebensjahr präzise vorherzusagen.
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