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Woran eine Borreliose zu erkennen ist

Montag, 30. Mai 2016, aktualisiert: 27.09.2016 – Autor:
Im Sommer haben die Zecken Hochsaison. Bei einem Zeckenbiss können Borrelien auf den Menschen übertragen werden und eine Borreliose auslösen.
Wanderröte

Wanderröte, ein typisches Symptom der Borrelliose – Foto: meryll - Fotolia

Während mit FSME-Viren befallene Zecken in bestimmten Risikogebieten häufiger zu finden sind, treten mit Borrelien befallene Zecken überall in Deutschland auf. Je nach Region tragen bis zu 30 Prozent der Tiere tragen die Erreger in sich. Das Risiko, nach einem Zeckenbiss damit infiziert zu werden, beträgt 2 bis 6 Prozent. In 1 bis 2 Prozent der Fälle führt das zu einer Erkrankung.

Die Borrelien sitzen im Darm der Zecke und brauchen mindestens 24 Stunden, um über den Zecken-Speichel und die Stichwunde in den Menschen einzudringen. Wird das Insekt vorher entdeckt und herausgezogen, kann es die Erreger nicht übertragen. Wenn doch, ist die Borreliose oder Lyme-Borreliose vor allem an der Wanderröte (Erythema migrans) zu erkennen, die sich einige Tage bis zu vier Wochen nach dem Zeckenbiss rund um die Einstichstelle ausbreitet.

Es ist eine flächige Rötung, die kreisförmig oder unregelmäßig geformt ist. Dem Fachblatt MMW zufolge ist sie ernstzunehmen, wenn das Areal größer als ein Zwei-Euro-Stück ist. Kleinere Rötungen rund um einen Zeckenbiss lassen nur auf lokale Hautreaktionen ohne Infektion schließen.

Bluttest gibt keine Auskunft über aktuelle Borreliose

Doch auch die Wanderröte ist kein verlässliches Indiz. In einer Studie mit 118 mit Borrelien infizierten Patienten traten bei fast 60 Prozent der Gebissenen untypische Hauterscheinungen wie Pusteln oder Knötchen auf. Und die Wanderröte bedeutet noch nicht, dass es zu Beschwerden kommen muss. In einer weiteren Studie blieben 55 Patienten mit Wanderröte unbehandelt. Ein Fünftel entwickelte keine Krankheitssymptome.

Mit einem Bluttest wiederum lässt sich nur schwer eine Aussage über eine mögliche Borreliose treffen. Getestet wird auf IgG- und IgM-Antikörper gegen die Borrelien. Die bilden sich aber nicht gleich nach der Infektion, sondern meist erst nach vier bis sechs Wochen. Zugleich finden sich auch Jahre nach einer behandelten oder von allein abgeheilten Borreliose noch Antikörper im Blut, so dass dies kein eindeutiger Hinweis auf eine aktuelle Infektion ist. Laut Studien haben 25 Prozent der gesunden Erwachsenen solche Antikörper im Blut.

Borreliose-Symtome: Müdigkeit, Kopf- und Gliederschmerzen

Da die Wanderröte ausbleiben kann und der Bluttest nicht aussagekräftig genug ist, ist es wichtig, auf mögliche Symptome zu achten. Vor dem Verdacht auf Borreliose sollte auf jeden Fall gekärt werden, ob und wo der Patient überhaupt von einer Zecke gebissen worden sein kann. Wer von einer Zecke gebissen wurde, aber weder eine Wanderröte noch andere Symptome auftreten, muss nicht behandelt werden.

Zu den Symptomen der Borreliose zählen Beschwerden wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit,  Kopfschmerzen und ein allgemeines Krankheitsgefühl. Nicht selten sind Gelenkschmerzen oder muskulo-skelettale Beschwerden. Im weiteren Verlauf kann eine unbehandelte Infektion mit Borrelien zu schwerwiegenderen Gesundheitsschäden führen.

Unbehandelte Borreliose kann zu schweren Erkrankungen führen

Wie Prof. Johannes Bogner, Leiter der Infektiologie am Universitätsklinikum München, weiter in MMW schreibt, manifestiert sich die Infektion meist an einer Region des Körpers: Haut, Nerven, Herz oder Gelenke. Bei Kindern öfter als bei Erwachsenen tritt zeitig nach dem Biss etwa ein Lymphozytom auf, eine bläulich-rote, pralle Schwellung etwa an Ohrläppchen, Brustwarze oder Hoden. Drei bis sechs Wochen nach der Infektion kann es zu einer äußerst schmerzhaften Hirnhautentzündung (Meningoradikulitis) kommen, nicht selten begleitet von einer Lähmung des Gesichtsnervs (Facialisparese).

Nach einigen Monaten kann sich eine Arthritis, eine schmerzhafte Gelenkschwellung beispielsweise am Kniegelenk entwickeln. Oder es treten eine Herzrhythmusstörung (AV-Block) oder eine Herzmuskelentzündung (Karditis) auf. Dies ist aber sehr selten. Auch Jahre nach einer Infektion können sich Krankheiten ausbilden. Wie etwa die Acrodermatitis chronica atropicans, Areale an den Extremitäten mit einer geröteten, zigarettenpapier-dünnen Haut und durchscheinenden Gefäßen. Oder eine Gehirn- und/oder Rückenmarksentzündung (Enzephalitis, Myelitis).

Borreliose wird mit Antibiotika behandelt

Behandelt wird die Borreliose mit Antibiotika, in der Regel über zwei bis vier Wochen. Sie heilt dann meist ab. Eine längere Antibiotika-Gabe hat keinen Effekt, zeigte eine Studie. Von Post-Lyme-Borreliose spricht man, wenn Patienten, bei denen eine Borreliose diagnostiziert und behandelt wurde, längere Zeit danach immer noch an Symptomen leiden, die mit der Borreliose in Verbindung gebracht werden. Werden dann erneut Antibiotika gegeben, so reichen ebenfalls zwei Wochen aus. Eine längere Behandlung bringt keinen Nutzen.

Gibt es die chronische Lyme-Borreliose?

Einige Ärzte stellen die Diagnose chronische Lyme-Borreliose, wenn Patienten mit unspezifischen Beschwerden unklarer Ursache wie Schmerzen, Erschöpfung oder kognitiven Einschränkungen in die Praxis kommen. Doch diese Diagnose ist in Mediziner-Kreisen umstritten. Die Deutsche Borreliose Gesellschaft beklagt daher auch, Post-Lyme werde oft nicht ernstgenommen und nicht ausreichend behandelt.

Eine Neuroborreliose, bei der das Nervensystem von der Infektion betroffen ist, ließe sich zweifelsfrei feststellen, betont hingegen die Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Zu den typischen Symptomen zählen nächtliche, brennende, stechende Schmerzen, Lähmungen der Gesichtsnerven oder der Arme und Beine. Der Nachweis erfolgt über entzündliche Veränderungen im Nervenwasser und Antikörper im Blut. Auch in dem Fall sei eine Antibiotika-Gabe über zwei bis drei Wochen ausreichend.

Neurologen: Langzeit-Therpie mit Antibiotika ist nutzlos

Von einer Langzeit-Therapie mit einem oder einer Kombination aus mehreren Antibiotika raten die Neurologen ausdrücklich ab. "Wenn die Antibiotika nach zwei bis drei Wochen nicht anschlagen, bringen auch weitere Wochen oder Monate nichts", so Prof. Sebastian Rauer vom Universitätsklinikum Freiburg. "Das ist eher ein Hinweis, dass keine Neuroborreliose sondern etwas anderes hinter den Beschwerden steckt". Die Übertherapie mit Antibiotika könne aufgrund der Nebenwirkungen sogar schaden.

Die Leitlinien der deutschen Neurologen sehen vor, bei anhaltenden Beschwerden nach anderen Ursachen zu suchen. Das könnten eine depressive Störung, eine Autoimmunerkrankung, eine chronische Infektion mit anderen Erregern oder eine chronische Erkrankung sein. Eine Meta-Studie zeigte, dass Patienten mit einer gesicherten Neuroborreliose-Diagnose überwiegend  gutartige Krankheitsverläufe zeigten, während die Krankheits-Verläufe von Patienten mit unklaren Beschwerden und einer nur vermuteten Neuroborreliose eher ungünstig ausfielen.

Borreliose vorbeugen

Eine Impfung gegen Borreliose gibt es bislang nicht. Gegen Zecken schützt helle Kleidung, auf der zumindest ältere, größere Tiere leichter zu erkennen sind, außerdem Insektenschutzmittel, lange Hosen, Strümpfe und feste Schuhe. Wer in Wald und Wiesen unterwegs ist, sucht abends gut den Körper ab. Die Zecken suchen sich als Einstichstelle warme, gut durchblutete Regionen mit dünner Haut.

Foto:  © meryll/fotolia.com 

Hauptkategorie: Medizin

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